Mit 200 bis 300 Euro im Jahr lässt sich kein Krieg gewinnen, sagen die Ortsvorsteher und wenden sich deshalb entschieden gegen eine weitere Budget-Kürzung.Grafik: Kleinau Foto: Schwarzwälder Bote

Gemeinderat: Ortsvorsteher gehen wegen massiver Kürzung der Stadtteil-Budgets auf die Barrikaden

204 Euro für Dürrenmettstetten, 224 Euro für Glatt – nicht pro Monat wohlgemerkt, sondern für das ganze Jahr. Der Vorschlag, die Ortsbudgets 2021 nach einer ersten Reduzierung um weitere 20 Prozent zu kürzen, sorgte im Gemeinderat für Ärger, besonders bei den Ortsvorstehern.

Sulz. Im aktuellen Haushaltsplanentwurf ist bei Erträgen und Aufwendungen von rund 29 Millionen Euro eine "rote Null" vorgesehen. Nicht zuletzt beruht die ausgeglichene Gestaltung des Ergebnishaushalts, wie es Kämmerer Markus Staubitz bereits bei der Haushaltseinbringung sagte, auf dem "Prinzip Hoffnung", dass Ausgaben nicht geleistet werden müssen. Damit umschrieb er den "globalen Minderaufwand" von 91 000 Euro. Dieser stellt eine pauschale Kürzung von Aufwendungen dar. Durch einige Aktualisierungen liegt dieser Minderaufwand, der im laufenden Jahr 2021 erwirtschaftet werden muss, nun bei 194 000 Euro.

Von 2,50 Euro auf 40 Cent

Um einen Haushaltsausgleich zu erreichen, müsse nach einer ersten erfolgten Kürzungsrunde über alle Budgets eine weitere Konsolidierung der Ortsbudgets erfolgen, kündigte der Kämmerer an. In der Klausurtagung habe man die 2,50 Euro pro Einwohner, aus denen das Ortsbudget dann berechnet wird, auf 50 Cent pro Einwohner gekürzt. Nun müssten noch einmal 20 Prozent runter, so dass man bei 40 Cent lande.

Das würde bedeuten, dass Bergfelden für das kommende Jahr 664 Euro bekommt, Dürrenmettstetten 204, Fischingen 302, Glatt 224, Holzhausen 452, Hopfau 244, Mühlheim 410, Renfrizhausen 297, Sigmarswangen 320 und die Kernstadt 1921 Euro. Somit würden 5000 Euro in die Ortsbudgets fließen.

Viel zu wenig, fanden die Ortsvorsteher der Stadtteile und hatten einen Antrag eingereicht, der einen Sockelbetrag von 760 Euro zuzüglich 1,25 Euro pro Einwohner vorsieht. Von den Ortsbudgets seien schließlich fixe jährliche Kosten für die Homepage und bürgerschaftliches Engagement sowie Archiv- und Landschaftspflege zu bestreiten, so die Begründung.

Staubitz hatte den Vorschlag aufgegriffen und dargestellt, was das bedeuten würde. Bergfelden käme auf 2850 Euro, Dürrenmettstetten auf 1400, Fischingen auf 1750, Glatt auf 1500, Holzhausen auf 2200, Hopfau auf 1550, Mühlheim auf 2050, Renfrizhausen auf 1700, Sigmarswangen auf 1800 und die Kernstadt auf 6800 Euro – insgesamt also 23 600 Euro.

Damit habe man die Ortsbudgets im Vergleich zum ursprünglichen Ansatz von 2,50 Euro pro Einwohner immerhin um 50 Prozent gekürzt, meinte Bergfeldens OV Martin Sackmann. Die Budgets ermöglichten den Stadtteilen Handlungsspielraum. Allein für den Landschaftspflegetag in Bergfelden, eine Aktion mit großem Mehrwert, würden 400 bis 500 Euro anfallen. In Bergfeldens Fall wäre damit beim Vorschlag der Verwaltung bereits ein Großteil des Budgets aufgebraucht.

Barbara Klaussner, OV Mühlheim, schlug in dieselbe Kerbe. Sie bezeichnete den Vorschlag als "demotivierend" für Ehrenamtliche. Diese wären Leidtragende der Kürzung, erhielten sie doch oft kleine Aufmerksamkeiten.

18 000 Euro Defizit

Der Kämmerer bemängelte, dass die Antragsteller keinen Gegenfinanzierungsvorschlag vorgelegt hätten, der die 18 000 Euro Differenz ausgleichen könne. Er rief außerdem in Erinnerung, dass im Haushalt freiwillige Aufgaben vor Pflichtaufgaben zu kürzen seien.

Sabine Breil, OV Sigmarswangen, kritisierte, dass man die Budgets nicht mehr ansparen dürfe und daher jährlich quasi bei null starte. Staubitz erwiderte, dass man den Gemeinderat bereits 2018 geimpft habe, dass es keine Haushaltsreste und Übertragungen mehr geben werde. "Was ist mit dem Geld geschehen, das nicht aufgebraucht wurde?", hakte Klaussner nach. Staubitz erwiderte, dies sei den Orten als Konjunkturhilfe wieder zur Verfügung gestellt worden.

Heidi Kuhring (GAL) fragte nach, ob man zusätzliche Gelder unter dem Label "Ehrenamtliches Engagement" über den Bereich Bürgerengagement bereitstellen könne. Sie störte sich massiv an der Darstellung des Haushaltsentwurfs ohne Aufschlüsselung der einzelnen Punkte.

Das liege am neuen kommunalen Haushaltsrecht, erklärte Hieber, ändere aber nichts daran, dass kein Geld da sei. Anders als im Investitionshaushalt habe man im Ergebnishaushalt kaum Spielräume. Kuhring regte an, sich 2021 bereits im Januar um den Haushalt 2022 zu kümmern: "Wir zerfleischen uns hier wegen 18 000 Euro".

Der Antrag der Ortsvorsteher wurde bei 14 Ja- und neun Gegenstimmen angenommen. Der Ansatz des Kämmerers wird jedoch vorerst so stehen gelassen. Die Budgets werden dann im laufenden Jahr 2021 durch Mittelübertragungen auf den "Kompromiss-Betrag" der Ortsvorsteher erhöht, sobald mehr Geld zur Verfügung steht.

Heidi Kuhring hatte wenig später beim Überfliegen des Ergebnishaushalts gleich Einsparpotenzial gefunden. So ist 2021 die Erneuerung der Möblierung in einem Besprechungsraum der Verwaltung geplant. Das könne man gut um ein Jahr schieben, fand sie und erhielt eine Bestätigung von der Verwaltung. Staubitz sagte, die 5000 Euro, die man spare, könne man dann im Laufe von 2021 auf die Ortsbudgets verteilen.