Justiz: Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung eingestellt / Zeugin erneut nicht erschienen

Sulz/Oberndorf. Der Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung in der Silvesternacht 2019/20 in Sulz wurde fortgesetzt. Angesichts der unklaren Beweislage stellte der Richter das Verfahren ein.

Der Prozess um eine Schlägerei ist um eine kuriose Wendung reicher. Bei der ersten Verhandlung am Amtsgericht Oberndorf hatte ein Zeuge seine Aussage so drastisch geändert, dass gegen ihn ein Verfahren wegen Falschaussage eingeleitet wurde (wir berichteten). Da der Geschädigte unentschuldigt der Verhandlung fern geblieben war, wurde dessen Vorführung durch die Polizei nun angeordnet. Eine Zeugin wurde unter Androhung eines Ordnungsgelds erneut geladen.

Bei der Fortsetzungsverhandlung führte ein Beamter den als Zeuge geladenen Geschädigten in den Sitzungssaal. Die Polizei hatte ihn um 8 Uhr festgenommen.

Zunächst fragte ihn Richter Wolfgang Heuer, weshalb er nicht bereits zum vorherigen Termin erschienen war. "Ich hatte viele Termine, da ist das untergegangen. Es war keine Absicht", beteuerte der Befragte. Auch sei der für ihn verantwortliche Betreuer für junge Erwachsene längere Zeit krank gewesen. Angesichts dieser Umstände und des Aufenthalts in der Arrestzelle bis zum Sitzungsbeginn hat ihm der Richter das Ordnungsgeld in Höhe von 200 Euro erlassen.

Streit mit Freundin in der Tatnacht

Der Zeuge berichtete, sich in der Tatnacht mit seiner Freundin gestritten zu haben, da diese mit dem Angeklagten geflirtet habe. Nach Beschimpfungen, die er vor Gericht nicht wiederholen wollte, habe sie ihm eine Ohrfeige verpasst. Bei der anschließenden Auseinandersetzung mit dem Angeklagten hätten sich beide auf dem Boden gerangelt, und der ebenfalls angeklagte Sohn habe ihm einen Schlag verpasst. Zwar habe er zwei Tage lang auf einem Ohr nichts mehr gehört, doch die Verletzungen seien schnell verheilt. Auch der Groll scheint in der Zwischenzeit verflogen zu sein.

"Die Wahrheit liegt in der Mitte"

"Von mir aus gibt es keinen Stress mehr. Es tut mir leid, es hätte nicht soweit kommen müssen", erklärte er. Auch ließ er es sich nicht nehmen, dem Angeklagten die Hand zu schütteln, sich noch einmal direkt zu entschuldigen und zu vereinbaren, gemeinsam etwas trinken zu gehen.

Angesichts dieser überraschenden Wendung entschied Heuer in Absprache mit der Staatsanwaltschaft, das Verfahren einzustellen. Zwar wies er die Angeklagten darauf hin, dass deren Verhalten "nicht in Ordnung" gewesen sei, doch "das muss man nicht strafrechtlich verfolgen". Hinsichtlich der uneindeutigen Zeugenaussagen resümierte Heuer: "Die Wahrheit liegt in der Mitte."

Nicht nur für die Angeklagten waren das gute Nachrichten. Denn wieder war die Zeugin, um die sich der Streit gedreht hatte, nicht erschienen. Zwar wäre nun ein Ordnungsgeld fällig gewesen, "aber wir können kein Ordnungsgeld erheben, wenn wir die Zeugin nicht mehr brauchen", erläuterte Heuer.