Mehrere Männer sollen den 31-Jährigen an der Waldhornbrücke mit Gürteln geschlagen haben. Foto: Steinmetz Foto: Schwarzwälder Bote

Gericht: Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung fortgesetzt

Sulz/Oberndorf. Der Sachverhalt zur Tat im Juni 2018, bei der ein 31-jähriger Palästinenser von mehreren Männern mit einem Gürtel zusammengeschlagen wurde, ließ sich auch beim Fortsetzungstermin nicht klären. Die zentrale Frage bleibt: Wer alles hat zugeschlagen?

Nachdem es beim ersten Verhandlungstag am Oberndorfer Amtsgericht – der Dolmetscherin geschuldet – Verwirrung gegeben hatte, sollte sich am Mittwoch alles klären. Ein 55-jähriger Syrer aus dem Raum Sulz und sein 21-jähriger Sohn sind angeklagt, einen 31-jährigen Palästinenser im Juni auf der Waldhornbrücke in Sulz mit Fäusten und Gürteln geschlagen sowie getreten zu haben.

Ein Dritter, der nun offenbar in Berlin wohnhaft ist, soll an der gefährlichen Körperverletzung beteiligt gewesen sein. Das Verfahren gegen ihn wurde abgetrennt. Amtsgerichtsdirektor Wolfgang Heuer hatte einen Haftbefehl gegen ihn erlassen.

Geklärt werden konnte, dass aufgrund gegenseitiger Beleidigungen zwischen dem Palästinenser und dem 21-jährigen Syrer ein Streit entbrannte. Der Vater des Syrers habe diesen schlichten wollen, so der 21-Jährige, der die Schläge zugab. Sein Vater stritt ab, selbst auch zugeschlagen zu haben. Das Opfer habe ebenfalls einen Gürtel in der Hand gehalten, hatte der 21-Jährige ausgesagt.

An diesem zweiten Verhandlungstag wurde das Opfer angehört. Am Tattag habe ihn der 55-jährige Syrer angerufen und herbestellt – scheinbar, um den Konflikt zwischen seinem Sohn und dem Palästinenser zu klären. An der Waldhornbrücke angekommen, habe der Vater ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Dann seien mehrere Personen auf ihn zugekommen, der 21-Jährige und der dritte Angeklagte mit Gürteln in der Hand. Man habe mehrmals auf ihn eingeschlagen und ihn getreten, schilderte das Opfer.

Das Problem sei nicht der Sohn, sondern der Vater. Dieser habe die Schläger angespornt, weiter zu machen. Schließlich habe man ihn in den Neckar werfen wollen, "und ich kann nicht schwimmen", so das Opfer.

Richter Heuer wollte wissen, ob der Konflikt ethnische Gründe hat. "Für mich nicht, wir sind alle Menschen. Die sind einfach nur kriminell", meinte der 31-Jährige.

Das Verfahren wurde durch das unterdrückte Lachen eines Zuschauers im Sitzungssaal unterbrochen. "Während ich vernehme, möchte ich keine Kommentierungen haben", wies Heuer den Zuschauer deutlich zurecht und bezeichnete dessen Lachen bei solch einer ernsten Tat als "schäbig".

Anderthalb Monate lang habe er Schmerzen gehabt und sehe seit der Schläge auf den Kopf auf einem Auge nicht mehr gut, so der 31-Jährige. "Ich brauche dringend Schutz." Die Syrer hätten mehrfach Leute zu ihm geschickt, um zu fragen, ob man die Sache nicht mit Geld regeln könnte, anstatt vor Gericht zu gehen. "Aber ich will kein Geld, ich will Gerechtigkeit." Man habe dem 31-Jährigen indirekt auch mit dem Tod gedroht. "Sie sagten, ihre Familie ist groß und überall verteilt."

Zeugen widersprechen sich gegenseitig

Nun stand Aussage gegen Aussage. Augenzeugen sollten Licht ins Dunkel bringen. Einer sagte aus, vier Leute hätten auf das Opfer eingeschlagen, der Vater jedoch nicht. Der Geschädigte habe keinen Gürtel in der Hand gehalten.

Ein weiterer Zeuge, ein entfernter Verwandter der Angeklagten, meinte, der Palästinenser habe sehr wohl einen Gürtel in der Hand gehalten. Die Schlägerei selbst habe er aber nicht beobachtet. Richter Heuer ermahnte den 16-Jährigen, der die Tat bei der Polizei noch im Detail geschildert hatte, keine Falschaussage zu machen. Der 16-Jährige blieb aber dabei. Auch der angeklagte 55-Jährige betonte noch einmal: "Ich habe nicht zugeschlagen. Ich bin das erste Mal vor Gericht."

Verteidiger Martin Karsten forderte, den dritten Täter, dessen Verfahren abgetrennt wurde, zur Sache zu hören. Daher wurde ein weiterer Fortsetzungstermin anberaumt.

Vorher wurden noch die persönlichen Verhältnisse der Angeklagten geklärt. Der 55-Jährige ist seit vier Jahren in Deutschland und hat eine Aufenthaltsgenehmigung bis Ende 2020. Seine zweite Frau mit fünf Kindern habe er zu sich geholt. Die erste Frau mit vier Kindern – weitere vier seien schon verheiratet und aus dem Haus – warte in der Türkei darauf, einreisen zu dürfen. Dass er zwei Frauen habe, stelle hier aber ein Problem dar. Das Strafverfahren könnte dem Vorhaben ebenfalls im Weg stehen, sollte es zu einer Verurteilung kommen. Aktuell bekomme er 2000 Euro vom Staat plus Miete, sagte er aus.

Der 21-jährige Sohn ist bereits mehrmals straffällig geworden, unter anderem wegen Bedrohung und Urkundenfälschung. Ihm stellte die Jugendgerichtshilfe ein geradezu vernichtendes Urteil aus. Er könne sich nicht an die deutschen Gesetze halten, geschweige denn integrieren.

Die Sitzung wird am Mittwoch, 28. August, um 8.30 Uhr im Amtsgericht Oberndorf fortgesetzt.