Er hat keine Angst vor großen Tieren: Matthias Lehmann scheidet aus dem Polizeidienst aus. Foto: Schwarzwälder Bote

Verabschiedung: Der stellvertretende Leiter des Polizeireviers, Matthias Lehmann, geht in den Ruhestand

"Ich wollte einen Beruf ergreifen, der viel mit Menschen zu tun hat und abwechslungsreich ist." In seiner Polizeikarriere ist es Matthias Lehmann jedenfalls nie langweilig geworden. Am vergangenen Donnerstag wurde der stellvertretende Leiter des Polizeireviers Oberndorf in den Ruhestand verabschiedet.

 

Oberndorf. Matthias Lehmann, Jahrgang 1958, ist gebürtiger Oberndorfer. Gleich nach dem Abitur 1978 hatte er seine Ausbildung zum Polizisten in Lahr begonnen. Die erste Dienststelle als Polizeiwachtmeister war in der Altstadt Stuttgart. "Da war immer etwas los", erinnert er sich. In den ersten Tagen habe es gleich einen Mordfall gegeben. Er war bei der Überwachung der Prostitution und der entsprechenden Etablissements eingesetzt. Später gehörte er zu der Abteilung, die mit der Kamera Verbrechenstatbestände dokumentierte und Aufnahmen an den Tatorten machten.

Nach dem Studium von 1984 bis 1986 in Villingen-Schwenningen mit Abschluss Dipl. Verwaltungswirt kehrte er als erster Polizeihauptkommissar zurück nach Stuttgart. Anfang 1990 arbeitete er im "Lagezentrum" des Innenministeriums – einer Art Schnittstelle von Polizei und Politik. In der Funktion verfasste er Berichte über die tägliche Kriminalität. In Villingen war er anschließend von 1994 bis 2005. Mit einem Jahr Unterbrechung: Weil er fließend englisch und französisch spricht, beorderte ihn das Innenministerium nach Brüssel ins "Lagezentrum der EU", die sich um Sicherheitsbelange kümmerte. Das hätte ihm gefallen: "Kinder und meine Frau wollten aber nicht in Brüssel bleiben."

Lehmann war von 2005 bis 2009 Leiter der Ermittlungen in Schwenningen, um dann 2010 an das Polizeirevier Oberndorf zu wechseln. Hier leitete er zunächst ebenfalls die Ermittlungen, bis er 2012 zum stellvertretenden Polizeirevierleiter ernannt wurde.

Die Dienstzeit in seiner Heimatstadt behält er in guter Erinnerung. Wenn er an Stuttgart zurückdenkt, so muss er feststellen, dass in Oberndorf das soziale Gefüge deutlich besser funktioniert. Er kennt hier viele Menschen und pflegte gute Kontakte mit Behörden, Organisationen und Jägern.

Gl eichwohl: "Man sieht auch die negativen Seiten der Gesellschaft." Belastend sind schlimme Unfälle oder Familiendramen. Zu Lehmanns Aufgaben gehörten, Todesnachrichten zu überbringen, Kollegen und Opferfamilien zu betreuen. So musste er einen Familienvater, der zuvor auf Frau und Sohn losgegangen war und sich danach selbst umgebracht hatte, identifizieren und einen Angehörigen benachrichtigen. Er berichtet von einem anderen Fall in Villingen. Er hatte abends die Nachricht erhalten, dass ein 16-Jähriger bei einem Schülerausflug nach Heidelberg erstochen worden war. Diese traurige Nachricht den Eltern zu überbringen, fiel ihm nicht leicht. Er nahm auch an Trauerfeier in der Schule teil und sprach vor 500 Schülern einige bewegende Worte. "Gut fühlt man sich dabei nie", erklärt er. Das beschäftige einen hinterher noch.

Ehrenamtlich engagiert sich Matthias Lehmann in der christlichen Polizeivereinigung. Seit 1986 gehört er dem Bundesvorstand an, und seit zehn Jahren ist er der internationale Vorsitzende dieser Organisation, die sich wohltätigen Zwecken widmet und seelsorgerliche Funktionen wahrnimmt.

Diese Tätigkeit, der er ausschließlich in der Freizeit und im Urlaub nachgeht, führte ihn in die ganze Welt. Lehmann gehört zu den Gründern des "Pointment Leadership Institute", das weltweit Antikorruptions- und Ethikseminare anbietet. Daran hätten mittlerweile 50 000 Polizeibeamte aus 60 Ländern teilgenommen. Er selber hat zahlreiche Vorträge gehalten. Im vergangenen Jahr flog er nach Südafrika. Im Gepäck hatte er Trikots von Sportvereinen aus Sulz und Oberndorf, die er an Kinder und Jugendliche verteilte.

Seine Ämter bei der internationalen christlichen Polizeivereinigung will er nun abgeben. Seminare werde er wohl noch weiterhin abhalten. Im Ruhestand, sagt Matthias Lehmann, "will ich aber erst einmal durchschnaufen und mich dann neu sortieren."

Die Verabschiedung aus dem Polizeidienst fand wegen der Corona-Krise im kleinen Kreis statt.