Einblicke in das höfische Leben geben die Jugendlichen mit der Ballade "Der Handschuh" von Schiller. Fotos: Vögele Foto: Schwarzwälder Bote

Stadtführung: Jugendliche Schauspieler gewähren Einblicke in das Leben des früheren Sulz

Auf eine interessante Stadtführung mit Theater und Poesie haben sich am Wochenende rund 70 Personen mit dem Theaterclub begeben. Ausgangspunkt war der Marktplatz, wo die Figur Ursula Weber die Teilnehmer weit zurück in die Vergangenheit mitnahm.

Sulz. Die Zuhörer erfuhren nicht nur historische Daten von der keltischen Besiedlung an, sondern erhielten quasi ausführliches Bildmaterial – dargestellt von den jugendlichen Mimen. Zu allen Stationen lernte man Sulz als wunderbare Stadtanlage kennen, wobei die Bezeichnung "Winkel" deutlich wurde.

Sulz war im Mittelalter eine der zehn wichtigsten Städte Württembergs. Berühmte Sulzer Persönlichkeiten wurden vor der Stadtverwaltung, dem ehemaligen Oberamt, vorgestellt. Zum Erstaunen aller kann man von dort aus die Ruine Albeck sehen. Und einen Eindruck vom höfischen Leben vermittelten das mittelhochdeutsche Minnelied "Ich zoch mir einen Falken" und die lebhaft dargestellte Ballade "Der Handschuh" von Schiller.

Eingebettet war die Stadtführung in das Leben der Sulzer Bürgerin Gertrud, aus deren Sicht die einzelnen Stationen mit Leben gefüllt wurden. In der Brucktorstraße stand die Gruppe vor dem Geburtshaus Gertruds – nämlich dem ehemaligen Vayhinger. Gegenüber befindet sich das Wohnhaus von Schäffer, der den Hannikel dingfest machte. Die Alte Schulstraße führte zu der damaligen Bank und der Lateinschule von 1417, die anfangs nur Jungen besuchen durften.

Eine Szene führte die Ungerechtigkeit gegenüber Mädchen vor Augen, als diese ab 1901 ebenfalls die Schule besuchen durften. Nach der Stadtkirche machte eine sich Bäuerin Luft vor dem Amtshaus, dem Wohnsitz der Vögte seit 1298, mit ihrer Anklage "Wider ihren Tyrannen". Über die Alte Nagelschmiede und das Gefängnis ging es zur Stadtmauer, wo man Sulz mit seinen vielen Wasserläufen als "klein Venedig" kennenlernte. Im Brühl als Handwerkerecke und dem Schlachthaus erzählte Gertrud vom Schlachten. Leicht entsetzt war man dann doch über die unsachgemäße Abfallbeseitigung in den Neckar.

Vom Zwinger aus mit Blick zum alten Krankenhaus ging es über kaum bekannte Gässchen in den Pfleghof, wo die Stadtverwaltung mit einer Erfrischung aufwartete. Die Epitaphe an der Mauer des alten Friedhofs waren eine eingehende Betrachtung wert. Erinnert wurde auch an die nationalsozialistische Zeit voller Gräueltaten gegenüber polnischen Zwangsarbeitern. Anhand von zwei Gedichten wurden eindrücklich die Kriegsschrecken nachempfunden, aber auch die Lust am Leben.

Wissenswertes gab es zur Hallerdegewinnung von Herwart Kopp und zur Geologie der Salzlagerstätten sowie zur Situation der Zwangsarbeiter von Norbert Weber in der beklemmenden Atmosphäre des Stollens. Jugendliche stellten dort authentisch die Flucht vor einem Fliegerangriff dar. Ein Höhepunkt im Leben der Gertrud war das Kinderfest mit dem Brezellauf auf dem Wöhrd, den man auch als Tier- und Krämermarkt kennenlernte. Am Elternhaus Gertruds vorbei zog die große Gruppe zum Abschluss in die katholische Kirche. "Die Bürgschaft" von Schiller wurde mit viel Beifall aufgenommen, ging Weber doch zuvor schon auf die Schillerlinde auf der Schillerhöhe ein.

Julian Link, Luis Link, Florian Maier, Sarah Steeb, Lasse Eyrich, Lea Schmidtchen, Leonie Wohanka, Bernhard Walter und Daniela Schmidtchen (Orgel). Die Leitung hat Ursula Weber.