Pflege: Iris Müller aus Weiden kümmert sich seit vielen Jahren ehrenamtlich um verletzte und kranke Stacheltiere

Die Igel-Mutter hat sich eine eigene Schlafstelle gesucht. Sie will ihre Ruhe haben, kein Wunder bei dem zehnköpfigen Nachwuchs, der viel Hunger hat.

Dornhan-Weiden. Sieben bis acht Igel-Babys sind normal, zehn sind auch für Iris Müller eine Besonderheit, und sie kennt sich mit Igeln bestens aus. Seit vielen Jahren kümmert sie sich in Weiden um verletzte und kranke Stacheltiere. Die elfköpfige Familie ist allerdings kerngesund. Sie hat sie auch nur deswegen aufgenommen, weil sie in ihrem Habitat in Rötenberg nicht mehr bleiben konnte.

Die Igel sind bei Aufräumarbeiten auf einer Terrasse gefunden und dann zur Igel-Hilfe nach Weiden vermittelt worden. Iris Müller ist sich sicher: Zehn Junge hätten nicht überlebt, wenn sie nicht bei ihr untergekommen wären. Im schlimmsten Fall hätte das Muttertier den Wurf sich selbst überlassen. Jetzt leben alle in einem sicheren Gehege. Die Igelbabys wogen bei der Umsiedlung gerade mal jeweils 30 Gramm. Iris Müller hat Glück, dass die Mutter ihre Jungen weiterhin säugt. Die Igelin entwickelt einen mächtigen Appetit, um den Nachwuchs zu ernähren. Täglich frisst sie 1600 Gramm Katzenfutter. In der Natur hätte sie so viel Nahrung nicht finden können.

Iris Müller musste auch schon die Ersatzmutter spielen. Bei zehn jungen Igeln wäre jedoch auf sie viel Arbeit zu gekommen, denn alle zwei Stunden brauchen diese Milch. Das darf übrigens keine Kuhmilch sein: "Igel sind laktoseintolerant", erklärt sie. Die Igelmilch bezieht sie aus dem Fachhandel.

Iris Müller ist gelernte Kauffrau und Ernährungsberaterin. 2018 hat sie eine Ausbildung zur Tierheilpraktikerin begonnen Mit einem Laden für hochwertige Tiernahrung machte sie sich vor einem Jahr in Horb-Dettingen selbstständig.

Wenn sie selbst Milch verabreichen muss, nimmt sie die stacheligen Babys mit ins Geschäft. Das habe sie auch bei ihrem früheren Arbeitgeber, der sehr tolerant gewesen sei, schon getan. Wenn sie um 18.30 Uhr heimkommt, kümmert sie sich zuerst um ihre Pflegetiere. Damit ist sie bis 22 Uhr beschäftigt. "Ich habe einen vollen Zeitplan", erzählt sie.

Neben der Igel-Großfamilie hat sie derzeit unter anderem ein Einzelbaby, das ihr aus Bad Dürrheim gebracht wurde und einen Igel, der unter Pilzbefall leidet, aus dem Kreis Tuttlingen in Obhut. Pilzbefall zu behandeln, ist zum einen langwierig, zum anderen auch nicht ganz unproblematisch. "Man muss sich schützen. Aber das sollte man bei der Wildtierpflege generell tun", rät Iris Müller. Menschen können sich anstecken. Die Igelexpertin ist aber so erfahren, dass sie bei der Pflege ihrer Schützlinge noch nie krank geworden ist. Sie gibt den Tipp, einen kranken Igel nur mit Handschuhen oder einem Handtuch anzufassen und ihn dann in einen Karton zu setzen. Die Medizin bezahlt sie selbst. Mit Zuschüssen vom Land oder von Tier- oder Naturschutzorganisationen kann sie nicht rechnen. "Es ist mein Hobby", erklärt sie.

Angefangen hat es vor mehr als zehn Jahren mit einen verletzten Tier, das ihr Partner im Garten gefunden hatte. Sie ging mit dem Igel in die Tierarztpraxis, weil sie glaubte, er müsse eingeschläfert werden. Das war aber nicht nötig. Ein paar Wochen später und mit ein paar Stacheln weniger konnte er wieder laufen.

Wie vielen Igeln sie das Leben gerettet hat, kann sie nicht zählen. Allein 2018 hatte sie 100 in Pflege. Die Gesunden werden wieder ausgesetzt. Die Auswilderung sei kein Problem, allerdings wird die Nahrungssuche immer schwieriger. Das Insektensterben betrifft nicht nur Vögel. Igel seien Insekten- und Fleischfresser. Heiße Sommer machen ihnen ebenfalls zu schaffen. "Es ist kein Fehler, einen Blumenteller mit Wasser in den Garten zu stellen. Darüber freut sich nicht nur der Igel, sondern auch ein Eichhörnchen", sagt Iris Müller. Vor allem aber findet das Stacheltier bei der Nahrungssuche immer weniger naturnahe Gärten, in denen es sich als "Kulturfolger" gern aufhält. Dort hört man manchmal lautstarke Geräusche in der Paarungszeit im Juni/Juli. Es sei durchaus schon vorgekommen, dass erschrockene Hausbesitzer die Polizei gerufen hätten.

"Igel sind faszinierend", findet Iris Müller. Auch deswegen, weil sie "Charaktertiere" sind. Von den zehn Jungen im Gehege sei keines gleich. Die Igel-Großfamilie wird nun, gut gefüttert, den Winter über in der geschützten Scheune verbringen.