Dekan Ulrich Vallon, Michael Grüber und Michael Widmann blicken auf eine gelungene Ausstellung zurück (von links).Foto: Beyer Foto: Schwarzwälder Bote

Migration: Bei der Finissage der Ausstellung "Auf der Flucht" wählt Dekan Vallon kritische Worte

Die Ausstellung "Auf der Flucht: Frauen und Migration" im Wirtschaftsgebäude des Glatter Wasserschlosses wurde am Mittwochabend mit einer Finissage beendet. Wegen der steigenden Corona-Fallzahlen waren allerdings kaum Gäste gekommen.

Sulz-Glatt. Die meisten Stühle blieben leer, als im Hof vor dem Wasserschloss die ersten Töne von Georg Friedrich Händels "Sarabande" erklangen, die Michael Grüber gekonnt auf dem Keyboard darbot.

Bis auf die Organisatoren der Ausstellung und Pressevertretern war niemand zur Finissage gekommen. Zu groß war vermutlich die Angst vor einer Ansteckung, angesichts rapide steigender Corona-Fallzahlen. Dabei hatte Michael Widmann, Verantwortlicher für die Flüchtlingsarbeit der Diakonie in Sulz, kurzfristig die Feier an die frische Luft verlegt. Stühle mit Sicherheitsabstand und Snacks standen vor einer Bühne unter dem Vordach des Wirtschaftsgebäudes bereit, doch es half alles nichts.

Die getragenen Klänge der Sarabande wirkten vor den größtenteils leeren Stuhlreihen daher wie ein bitteres Requiem auf einen Sommer, in dem zumindest wieder ein stückweit Normalität eingekehrt war. Dabei thematisierte die Ausstellung ein ganz anderes Drama, nämlich das Leid der Flüchtlinge.

Dekan Ulrich Vallon fand in seiner Predigt deutliche Worte. Die Perspektive eines Flüchtlings einnehmend, klagte er: "Ich verdurste an deiner Gleichgültigkeit, an deiner Lieblosigkeit." Ebenfalls fand er deutliche Worte bezüglich der zunehmenden Feindseligkeit gegenüber Migranten. "Ich bin fremd, du hast vor mir Angst". Und auch die globale Ungerechtigkeit, die viele Menschen in die Flucht treibt, ließ er nicht aus: "Ich bin nackt, du aber nimmst mir das Letzte, damit du dir deinen Luxus und deine billigen Güter kaufen kannst."

Das Leid der Flüchtlinge ins Bewusstsein zu rufen, dazu sollte die Ausstellung beitragen. Daher freute sich Widmann über die Schüler und die vielen Fahrradtouristen, die die Ausstellung besucht hatten. Besonders im Gedächtnis geblieben sei ihm eine Gruppe Senioren, die mit einem Reisebus angekommen sei. Die meisten von ihnen seien nach der Besichtigung des Schlosses in die Ausstellung gegangen. Viele hätten dort so viel Zeit verbracht, dass der Busfahrer schon ungeduldig gehupt habe.

Widmann erinnerte auch an die drei Dokumentarfilme, die er im Rahmen der Ausstellung gezeigt hatte. Zur Vorführung von "Amal" seien 18 Zuschauer gekommen. Den letzten Film hätten hingegen nur fünf Gäste gesehen. Wegen der steigenden Corona-Zahlen hätten schon viele gefragt, ob die Filmvorführung überhaupt stattfinde, und er habe die Besucherzahlen auf zehn beschränken müssen.

Die Fotografien werden nun abgehängt. "Am Samstag sollen die Bilder schon in München sein", so Widmann.

Doch die Ausstellung wird nicht die letzte Veranstaltung in Sulz zum Thema Flucht und Migration gewesen sein. So kündigte Widmann für den 11. November einen Themenabend im Haus der Begegnung (evangelisches Gemeindehaus) in Sulz an. Beginn ist um 18 Uhr. Detlef Blöcher, ehemaliger Leiter des Missionswerkes DMG, wird sein Buch "Ich bin ein Fremder gewesen" vorstellen und über seine Arbeit sprechen. Ebenfalls wird Daniel Röthlisberger, Pfarrer in Fluorn-Winzeln, sprechen. Röthlisberger hat mit einem Kapitel zum Buch beigetragen.