Statt eines ausführlichen Umbaus des Sulzer Bahnhofs gibt es jetzt nur die abgespeckte Variante. Foto: Cools

Uneinigkeit über förderfähige Maßnahmen. Gemeinderat beschließt Variante B beim barrierefreien Bahnhof.

Sulz - Sie hatten sich alles so schön ausgemalt, und nun fühlt sich die eigentliche Weiterentwicklung wie ein Rückschritt an. Statt eines ausführlichen Umbaus des Bahnhof gibt es nur die abgespeckte Variante. Schuld ist das Eisenbahnbundesamt.

Zwei Aufzugsanlagen, die Öffnung der Unterführung auf einer Länge von etwa zehn Metern, Ersatzbau einer großzügigen Treppenanlage und Belichtung durch eine Böschung an Stelle der alten Treppe – so war es in der Planvariante A, die im November 2016 entwickelt wurde, vorgesehen. Auf dieser Grundlage hatte die Stadt einen Förderantrag im Programm "Barrierefreiheit kleiner Schienenverkehrsstationen" gestellt. Das Projekt sollte den Bahnhof aufwerten, heller und freundlicher machen – und sozialer. 1,61 Millionen Euro hätte das gekostet.

Stattdessen beschloss der Gemeinderat in der vergangenen Sitzung Planvariante B, mit der keiner so richtig glücklich zu sein scheint. "Die Vorlage schmerzt, weil wir so viel mehr vorhatten", tat Bürgermeister Gerd Hieber sein Bedauern kund.

Schuld daran ist das Eisenbahnbundesamt, das im vergangenen Januar lediglich den Einbau der Aufzugsanlagen und die Kosten für ein Leitsystem als förderfähig eingestuft hatte. Für die Stadt wie ein Schlag ins Gesicht.

"Das Kleingedruckte beim Programm ist sehr restriktiv", kritisierte Hieber. Die Stadt habe die Barrierefreiheit ganzheitlich gesehen. "Barrierefrei heißt für mich nicht nur für Gehbehinderte", machte auch Kämmerer Michael Lehrer deutlich.

Überall sei die Planvariante A gelobt worden. "Wir wollten die Überdeckung reduzieren, mehr Licht reinbringen und das Areal ausweiten, um die Hemmnisse zu reduzieren", sagte er.

Kostenpunkt entscheidet

Dabei bewege man sich auf dem Gelände eines Dritten, der Bahn. "Wenn man sich so wie wir engagiert, dann muss man eigentlich von finanzieller Hilfe ausgehen. Das ist nun aber nicht der Fall", meinte er mit bitterer Miene. Folglich bleibe wohl das "Eingangsloch". Das Verständnis von Barrierefreiheit sei eben nicht dasselbe.

Sicher, die Stadt könnte die geplanten Maßnahmen dennoch durchführen, doch mit Blick auf die Finanzen gefror manchem das Blut in den Adern. Bei Umsetzung der Variante B (Kostenpunkt 800.000 Euro) müsste die Stadt etwa 200.000 Euro an Eigenmitteln aufbringen.

Bei Planvariante A ist es rund eine Million Euro. Im Hauhalt 2017 und 2018 sind Eigenmittel in Höhe von rund 362.000 Euro verplant. Folglich müsste die Stadt an ihre Reserven, die Rücklage, gehen und diese vollkommen aufbrauchen. Zudem wäre die Stadt Bauherr, für die Verkehrssicherung zuständig und müsste Verträge mit der Bahn schließen, damit diese Sanierungen übernähme.

Vor diesem Hintergrund stimmten die Gemeinderäte Variante B zu. Zwar wird der Mittelbahnsteig auch mit Variante B barrierefrei erreichbar sein, dennoch fühlt es sich für die Stadt wie eine Niederlage an.

Die nicht benötigten Mittel in Höhe von etwa 162.000 Euro sollen für die Sanierung des Hausbahnsteigs im Zugangsbereich zur Unterführung zur Verfügung stehen. Zusätzlich sind Radboxen auf dem Bahnhofsvorplatz geplant. Dazu können Zuschussmittel beantragt werden. Verhandeln möchte die Stadt mit der Bahn, damit der Treppenabgang zur Unterführung auf Seiten des Bahnhofsvorplatzes gleich gestaltet wird wie der auf dem Mittelbahnsteig.

Gemeinderat Klaus Schätzle drückte es passend aus: "Von der Begeisterung kamen wir über die Ernüchterung zum Entsetzen. Ich hatte mir da Aufbrechen dieses Sarkophagdeckels gewünscht", meinte er zur Unterführung. Das sei ein regelrechtes "Nadelöhr der Angst" und es ekele ihn davor, seinen Koffer über den Boden zu rollen, auf dem Mensch und Tier Raummarkierungen hinterlassen hätten. Immerhin, so lautete sein Trost, sei eine minimale Barrierefreiheit immer noch besser als keine. "Wir verbauen uns mit Variante B nichts", meinte auch Hieber. Ergänzungen und Umbauten seien immer möglich.

Dennoch blieb die Stimmung gedrückt und die Gemeinderäte Heidi Kuhring und Gaby Brucker konnten sich trotz aller vorgebrachten Argumente nicht zu einer Zustimmung hinreißen lassen.