"Klassentreffen" in der Stadthalle: Die Stadt hat alle, die mit der Entwicklung der Neckarwiesen zu tun hatten, zu einer Feierstunde eingeladen. Fotos: Steinmetz Foto: Schwarzwälder Bote

Feierstunde: Kaufvertrag zwischen Stadt und Bund vor 20 Jahren ist ein Meilenstein für die Neckarwiesen

Als "Klassentreffen" bezeichnete Bürgermeister Gerd Hieber die Feierstunde "Entwicklung Neckarwiesen – 20 Jahre Kaufvertrag Bund/Stadt" gestern Abend in der Stadthalle. Rund 80 geladene Gäste kamen: Sie allen waren an diesem Großprojekt beteiligt.

Sulz. Hieber begrüßte Stadt- und Ortschaftsräte (auch ehemalige), Bürgermeister a. D. Peter Vosseler und seine Frau, Landrat Wolf-Rüdiger Michel, Fachleute, Planer, Architekten und Ingenieure. Von der Politik waren die Landtagsabgeordneten Emil Sänze (AfD), Gerhard Ade (FDP) und als ehemaliger Abgeordneter Dieter Kleinmann anwesend.

Der Kaufvertrag der Stadt mit dem Bund im Jahr 1998 sei ein Meilenstein für das Gebiet Neckarwiesen und seine weitere städtebauliche Entwicklung gewesen, sagte Hieber. Bereits 1992 habe die Stadt Verhandlungen mit dem Bund aufgenommen. Drei Jahre später reiste eine Delegation mit dem damaligen Bürgermeister Peter Vosseler zu Gesprächen mit dem Verteidigungsministerium nach Bonn. Am 20. Juli 1995 kam von dort der Brief mit der Nachricht, dass die Wehrbereichsverwaltung 5 angewiesen worden sei, das Bundeswehrgelände in Sulz zur Verfügung zu stellen. Mit dem Abschluss des Kaufvertrags 1998 habe die Stadt die Hoheit über das Gelände erlangt. Noch im gleichen Jahr wurden Arbeitskreise mit Bürgern gebildet, um Ideen zu sammeln, was in den Neckarwiesen entstehen könnte. Einiges sei davon umgesetzt worden. Hieber nannte als Beispiel die Stadtumfahrung, die weiter nach Westen gerückt wurde und damit eine Trennlinie zwischen Industrie und Wohnen, das mehr stadteinwärts verlegt wurde, bildete. In 20 Jahren, so Hieber, seien 30 Millionen Euro unter anderem für Grunderwerb, Erschließung, Stadthalle, Umgehungsstraße und Bahnhofsumfeld investiert worden. Die Stadt habe die Chance genutzt, auf der Konversionsfläche ein neues Stadtquartier entstehen zu lassen. Hier wohnten heute rund 300 Menschen.

Hauptamtsleiter und Wirtschaftsförderer Hartmut Walter moderierte eine Gesprächsrunde mit Bürgermeister Hieber, Stadtbaumeister Reiner Wössner, Anselm Hilsheimer und Siegbert Koegst von der KE Kommunalentwicklung, die mit dem Projekt Neckarwiesen betraut war. Die Zuhörer erfuhren so manches Detail, zum Beispiel, wer auf die Idee kam, den Backsteinbau fürs Gewerbe und als Kulturhalle zu nutzen. Es sei eine Art "Blitzidee" gewesen, sagte Reiner Wössner, ausgedacht von ihm selbst sowie den Architekten Annette Stiehle und Herwarth Lange. Das war Ende Juni 2002. Der Gemeinderat befasste sich dann während einer Klausurtagung damit. So kam das Konzept zustande, die Neckarhalle ausschließlich für den Sport und die Stadthalle im Backsteinbau für Kultur vorzusehen. Ob das so funktioniert, da gab es in der Bevölkerung durchaus Zweifel. Es waren Stimmen zu hören, wie "den Backsteinbau sollte man in die Luft sprengen" oder mit dem Bagger reinfahren. "Es war eine Motivation aufzuzeigen, dass es machbar ist", berichtete Wössner.

Insgesamt, schätzte Siegbert Koegst, dürften an dem Vorhaben Neckarwiesen 400 bis 500 Leute gearbeitet haben. Lobend hob er dabei den Teamgeist hervor. Was ihn allerdings heute noch ärgert, ist, dass der Tunnel mit 9,6 Millionen Euro teurer wurde als geplant. Dieses Bauwerk stellte für ihn die größte Herausforderung dar. So auch für Wössner: Die Bahntrasse musste unterquert werden, und dies bei "rollendem Rad".

Bürgermeister Hieber fragte sich damals, wie soll das alles finanziert werden. 2008 bis 2010 belastete die Wirtschaftskrise die städtischen Finanzen. Man brauchte Mut zum Risiko, Durchhaltevermögen, Einigkeit und Zusammenhalt im Gemeinderat, nannte er das Erfolgsrezept für das gelungene Projekt.

Von den 30 Millionen Euro Investitionskosten waren die Hälfte Zuschüsse des Landes und des Bundes, teilte Anselm Hilsheimer mit. Wenn noch die privaten Investitionen in den vergangenen zehn bis 13 Jahren dazu gerechnet würden, komme man sogar auf 50 Millionen Euro. Was hätte anders oder besser gemacht werden können?, fragte Walter in die Runde. Eigentlich nichts, fanden die Gesprächsteilnehmer.

Hartmut Walter zeigte zuvor beeindruckende Bilder aus den vergangenen 110 Jahren, darunter viele Fotos von der Buntweberei, dem Bau der neuen Neckarbrücke, des Tunnels und der Stadthalle. Zu Beginn spielte eine Bläserklasse. Es sei ihr erster öffentlicher Auftritt, teilte Hans Gühring mit. Der Musikverein Sulz kooperiere mit der Grund- und Werkrealschule und der Musikschule Oberndorf/Sulz.