Hannikel stößt seinen berühtmen Fluch aus, dass es das Sulzer Kinderfest verregnen soll. Fotos: Steinmetz Foto: Schwarzwälder Bote

Theater: Hannikel-Stück von Jürgen Hartmann begeistert das Publikum / Ausverkaufte Vorstellungen

Dunkle Wolken am Himmel, geregnet hat es auch. Unwetterwarnung war angesagt. Fast musste man das Schlimmste für die Hannikel-Aufführung am Freitagabend auf der Ruine Albeck befürchten.

Sulz. Doch es blieb trocken, im Gegensatz zur Premiere vor sechs Jahren. Am Freitag und Samstag war die Vorstellung mit jeweils 170 Besuchern ausverkauft.

Jürgen Hartmann hat das Stück geschrieben und, zusammen mit Manfred Holst, Regie geführt. Zu Beginn am Freitagabend begrüßte er 20 "Hannikel" aus Ohmenhausen. Dort, in der Nähe von Reutlingen, hat sich der Mord an dem Grenadier Toni Pfister zugetragen. In Hartmanns Stück ist es ein Ehrenmord, weil Wenzels Braut mit dem Soldaten durchgebrannt ist. Die Untat hat das Fass gewissermaßen zum Überlaufen gebracht. Der Sulzer Oberamtmann Jacob Schäffer bekommt den Auftrag des Herzogs, die Hannikel-Bande zu jagen.

Die Freiluftatmosphäre auf der Burgruine ist ein besonderes Erlebnis. Zwei Akte, der erste und dritte, spielen sich im Palas ab, der zweite mit einem spektakulären Raubüberfall auf eine Kutsche im Burggraben. Das Stück beginnt mit einer Jahrmarktszene: Ein Wunderdoktor verkauft Mittel gegen Podagra, Haarausfall, Fieber und Ohrensausen. Ein anderer Schwindler sagt mit "neuester Technik" das Wetter voraus. Eine Tuchhändlerin schimpft über das "geizige Weibsvolk". Bei all dem Treiben merken die braven Bürger nicht, dass ihnen Schmuck und Geld geklaut wird. Gleich ein vergnüglicher Einstieg: Das Publikum auf der Tribüne lacht immer wieder.

Szenenwechsel: Die Hannikel-Bande erleichtert den scheinheiligen Kaplan in Fischingen um sein verstecktes Vermögen, das aus dem Opferstock stammt. Später wird der Goldschmied in Sulz gefoltert und seine Frau mit dem Tod bedroht. Auch er verrät, wo sich sein Geld befindet.

Im Wald feiern Hannikel und seine Spießgesellen lustig mit ihren Frauen. Sie singen vom freien Leben und trinken mit dem Teufel Bruderschaft.

Im Burggraben überfallen Hannikel und seine Spießgesellen schließlich eine Kutschte, in der, wie ihre Frauen ausspioniert haben, das Lohngeld für die Handwerker der Sulzer Saline transportiert wird. Schlag auf Schlag geht es weiter: Die Bande massakriert den Grenadier in einem Waldstück bei Reutlingen. Dann beginnt die Jagd auf Hannikel, bis er in der Schweiz geschnappt wird. Eine gute Nachricht für Oberamtmann Schäffer: Er macht sich persönlich auf den Weg, um die Räuber abzuholen und in Sulz zum Tode durch den Strang zu verurteilen. Da fällt auch der berühmte Hannikel-Spruch: "Euch Sulzern soll es das Kinderfest verregnen, von nun an bis in alle Zeit."

Die derb-schwäbischen Dialoge sorgen immer wieder für Lacher. Dennoch ist es kein Lustspiel, eher ein Drama. Denn es gibt auch nachdenkliche Momente. Das Räuberleben ist nicht nur lustig und romantisch, sondern hat auch viele grausame Seiten. Im Stück erscheint der rauflustige Wenzel, Hannikels Bruder, als der eigentliche Bösewicht, dessen Eifersucht und Mordlust letzten Endes die Bande an den Galgen bringt. Notteles Stottern lässt das Publikum zwar immer wieder lachen, doch der ist nicht weniger friedlich und immer bereit, jede Schandtat mitzumachen. Die Frauen im Stück zanken, sind eifersüchtig, aber auch schlagfertig ihren Männern gegenüber. Am Ende sieht man einen doch nachdenklichen Hannikel, der sich und seinen Kumpanen noch die letzte Ölung vom Kaplan geben lässt. Mit einem Porträt im Gefängnis wird er für die Nachwelt verewigt. Und heute spricht man immer noch von ihm – wenn es das Kinderfest verregnet.

Dem 22-köpfigen Theaterensemble ist eine glänzende Gesamtleistung zu bescheinigen. Die unterschiedlichen Charktere sind bestens gespielt, in keiner Szene kommt Langeweile auf. Auch wer die Aufführung schon im Juli 2012 gesehen hat, konnte die Wiederholung genießen. Langer Beifall am Schluss belohnte die Akteure.

Die Mitwirkenden: Christian Blosl (Hannikel), Sabine Steinwand (Käther, Hannikels Gespielin), Isolde Frick (Bärbel), Jürgen Hartmann (Bürgermeister Nestle), Sonja Ziegler (Klara, Nestles Frau), Manfred Holst (Oberamtmann Schäffer), Laura Kobel (Urschel, Hannikels Stieftochter), Frank Stadler (Wenzel, Hannikels Bruder), Tamara Beck (Mantua, Wenzels Braut), Benedikt Montag (Kaplan Birkle), Manuela Bürger (Emma, Birkles Haushälterin), Jutta Blocher (Amtsdienerin Fräulein Grau), Dominik Stadler (Grenadier Toni Pfister), Frank Dittrich (Räuber Duli), Siegfried Holst (Räuber Nottele), Markus Schneckenburger (Hauptmann Schüle), Albrecht Leinert (Hermann, Goldschmied und Maler), Cordula Lindner (Hermanns Frau), Urs Thiel (Moritatensänger), Anja Stadler (Souffleuse), Christian Scholl (Amtsschreiber Bräunlein) und Tamara Schneider (Bräunleins Frau).