Wasserschloss Glatt: Sonderausstellung über die Jahreswende / Serien-Teil 5: Die "Apfeltracher Krippe"

Über die Jahreswende 2017/18 zeigt der Landkreis Rottweil in Verbindung mit der Stadt Sulz und dem Glatter Bürger- und Kulturverein im Kultur- und Museumszentrum Schloss Glatt die Ausstellung "Weihnachtsbräuche und Weihnachtskunst im schwäbischen Raum".

Sulz-Glatt. Im Ostflügel des Wasserschlosses zieht eine prächtige Barockkrippe mit gekleideten Figuren die Blicke der Besucher auf sich. Das Prunkstück stammt aus Apfeltrach bei Mindelheim. Nach einem geflügelten Wort haben Bücher ihre eigene Geschichte. Ebenso verhält es sich mit Weihnachtskrippen.

Im Zeitalter der Aufklärung erreichte die Krippenkultur zu Beginn des 19. Jahrhunderts einen traurigen Tiefpunkt mit der Säkularisation vieler Klostergüter. Was damals an Kulturschätzen nicht verschleudert wurde oder unterging, landete, um es vor den Augen übereifriger Kommissare zu verbergen, auf Dachböden. Ein Beispiel dafür ist die großfigurige Krippe des Dorfes Apfeltrach.

Die Größe der Figuren von einem halben Meter deutet darauf hin, dass diese Krippe unter dem Einfluss der Mindelheimer Jesuiten entstanden ist. Archivalien über einen Streitfall lassen den Schluss zu, dass die Krippe in den Besitz eines gewissen Leonhard Thoma gelangte, zur Weihnachtszeit 1837/38 aber in der Apfeltracher Pfarrkirche aufgestellt war.

Auch nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) wurden wertvolle Krippen dem Spür- und Geschäftssinn fahrender Händler überlassen. Es war fast noch ein Glücksfall, dass in der Wohlstands- und Sperrmüllzeit die Figuren der Apfeltracher Krippe in einer zweiten Säuberungswelle zwischen 1971 und 1981 in verschiedenen Augsburger und Münchener Antiquitätengeschäften landeten.

Dass es sich tatsächlich um Figuren der gleichen Krippe handelte, bewiesen die zur Versteifung der Röcke eingenähten Fragmente alter Rechnungsbücher mit entsprechenden Ortsangaben, die bei einer vorsichtigen Restaurierung zutage kamen.

Durch die Beharrlichkeit eines Krippenfreundes konnten weitere größenmäßig wie stilistisch passende Figuren hinzuerworben werden. Etwa die Hälfte der Köpfe besteht aus Holz, und ein Teil davon dürfte in Oberammergau geschnitzt worden sein. Die restlichen Köpfe sind aus Wachs. Wachsköpfe für fünf zusätzliche Engel wurden nach einem historischen Muster nachgebildet.

In Apfeltrach, dem Herkunftsort des Grundbestandes dieser Krippe, lagert heute noch neben weiteren Figuren und den Fragmenten eines Saales der originale Torbogen des Krippenstalles. Er wurde für die hier ausgestellte Krippe nachgebaut und um die abgegangenen Architekturteile ergänzt. In ihrer jetzigen Aufstellung erscheint die Krippe als "lebendes Bild", wie es in den geistlichen Schauspielen der Jesuiten üblich war: die Krippe als "gefrorenes Theater". ■Die Weihnachtsaustellung ist bis 4. Februar jeweils freitags bis sonntags von 14 bis 17 Uhr zu besichtigen. Am 31. Dezember bleibt das Kultur- und Museumszentrum Schloss Glatt geschlossen.