Mit der Fasnet in Sulz hat sich die Sozialwissenschaftlerin Kerstin Bronner (links) auseinandergesetzt und darüber eine Abhandlung geschrieben. Der Abschluss der Doktorarbeit war ein Grund zum Feiern. Rechts: "Doktormutter" Barbara Stauber. Foto: Privat

Kerstin Bronner hat für ihre Doktorarbeit Mitglieder der Narrenzunft Sulz befragt.

Sulz - Ist während der Fasnet das Grenzenlose normal? Dieser Frage geht die Sozialwissenschaftlerin Kerstin Bronner in ihrer Doktorarbeit nach. Sie hat für ihre Dissertation unter anderem Mitglieder der Sulzer Narrenzunft und der Guggenmusik Pink Pämpärs interviewt.

Fasnet in Zusammenhang mit dem Alltag

Kulturwissenschaftliche Arbeiten über die Geschichte der Narrenvereine oder die Herkunft von Masken gibt es genug. Neu an der Fallstudie von Kerstin Bronner ist aber, dass sie die Fasnet in einem Zusammenhang mit dem Alltag betrachtet. Bei den Interviews ging sie so vor, dass die Befragten erzählen sollten, wie und warum sie zur Narrenzunft oder zur Guggenmusik kamen. Anhand der Aussagen stellte sie dar, welche Bedeutung die Fasnet für die Biografie der Interviewten hat. Im Fokus lagen dabei die Geschlechterrollen, das Alter, aber auch der soziale Status der Betreffenden.

Die Narretei ist zwar vielerorts vereinsmäßig organisiert. In einem Punkt unterscheiden sich Narrenzünfte aber von anderen Vereinen. Im Mittelpunkt des Vereinszwecks stehen das Feiern und die Gemeinschaft. Kerstin Bronner zeigt nun auf, dass Fasnet weit mehr ist als nur "saufen" und sich austoben. In einer verkehrten Welt werden in der Tat Grenzen gelockert und auch überschritten. Die Freiräume der Anonymität durch die Maske werden gesucht. Die Fasnet könne, so die 38-jährige Sozialwissenschaftlerin, ein Ventil sein, sich gehen zu lassen und sich auszuleben.

Vereine sind "soziales Netzwerk"

"Aber an der Fasnet ist nicht alles möglich", betont sie. Hier gebe es ebenfalls Regeln. So wird beispielsweise streng auf die Kleiderordnung und Disziplin bei Auftritten geachtet. Die Gemeinschaft, stellt die Doktorandin fest, habe außerdem einen hohen Stellenwert. Der Verein beziehungsweise dessen Untergruppen fungieren als ein soziales Netzwerk, das es den Mitgliedern ermöglicht, aus dem Ort herauszukommen und neue Leute kennenzulernen. Die Narrenzunft biete zudem Mitgliedern die Möglichkeit, soziale Kompetenzen wie Verantwortung und Teamfähigkeit oder auch Selbstwertgefühl zu erwerben.

Das gilt auch für die Sulzer Hexengruppe, der nur Männer angehören. Sie hat innerhalb der Zunft einen besonderen Status. Hier werde, so Kerstin Bronner, "erwachsenes Mannsein" repräsentiert – und dies ausgerechnet in einer Frauenrolle. Warum die Sulzer Hexen nur männlich sein dürfen, konnte ihr von den Befragten übrigens niemand plausibel erklären. "Das ist halt einfach so", hieß es.

Weitere Informationen: Die Doktorarbeit von Kerstin Bronner umfasst 250 Seiten. Im Januar wird sie als Buch herauskommen. Ihre Dissertation ist vor Kurzen mit dem Kulturpreis der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte ausgezeichnet worden.