Die umstrittene baden-württembergische Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) tritt auf Druck der SPD von ihrem Amt zurück. Foto: dpa

Das politische Jahr beginnt in Baden-Württemberg mit einem Paukenschlag. Die angeschlagene SPD-Kultusministerin wirft das Handtuch. Grün-Rot muss nach 20 Monaten erstmals das Kabinett umbilden.

Stuttgart - Nach monatelangen Querelen um ihre Person hat die baden-württembergische Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) das Handtuch geworfen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nahm den Rücktritt am Montag an und erklärte: „Ich habe großen Respekt vor dieser Entscheidung.“ Nachfolger von Warminski-Leitheußer soll der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Andreas Stoch, werden. Die Ministerin stand seit Monaten auch in den eigenen Reihen in der Kritik. Es hapere massiv bei der Umsetzung zentraler Reformprojekte wie der neuen Gemeinschaftsschule, hieß es aus der SPD-Fraktion.

Durch den Rückzug Warminski-Leitheußers muss Kretschmann erstmals seit Amtsantritt vor 20 Monaten sein Kabinett umbilden. Auch für den SPD-Landesvorsitzenden und Finanzminister Nils Schmid ist es ein Rückschlag. Er war es, der die Mannheimer Schulbürgermeisterin in sein Regierungsteam geholt und schließlich als Ministerin nominiert hatte.

Kretschmann bezeichnete das Amt des Kultusministers wegen der vielen bildungspolitischen Neuerungen als „große Herausforderung“. Außerdem sei es dessen Aufgabe, „alle Beteiligten besser einzubinden als es in der Vergangenheit der Fall war“. Der Regierungschef lobte Warminski-Leitheußer, es sei ihr gelungen, „zentrale Projekte auf den Weg zu bringen“.

Warminski-Leitheußer stand seit Monaten unter Beschuss

Warminski-Leitheußer stand seit Monaten unter Beschuss. Aus der SPD-Fraktion wurde ihr vorgehalten, inhaltlich nicht voranzukommen. Außerdem habe es die frühere Mannheimer Schulbürgermeisterin nicht geschafft, das als schwierig geltende Kultusministerium hinter sich zu bringen. Darüber hinaus wurde ihr vorgehalten, sie komme des öfteren zu spät zu Terminen.

Am Montagvormittag tagten der geschäftsführende Vorstand der SPD-Fraktion und das Landespräsidium, um über den Wechsel an der Spitze des Kultusministeriums zu beraten. Als neue Staatssekretärin ist DGB-Landesvize Marion von Wartenberg vorgesehen. Wartenberg würde auf Frank Mentrup folgen, der im Dezember zum neuen Karlsruher OB gewählt wurde. Die 1957 geborene Wartenberg sitzt seit 14 Jahren im Bezirksvorstand des DGB in Baden-Württemberg.

Kurz vor Weihnachten hatte die Opposition im Landtag bereits einen Entlassungsantrag gestellt. CDU und FDP warfen ihr vor, sie sei inkompetent und unzuverlässig. Die grün-rote Koalition stimmte damals aber noch gegen die Enthebung der Ministerin. Kurz danach hieß es aber schon, Parteichef und Finanzminister Schmid gedenke nicht, Warminski-Leitheußer gegen den Widerstand der SPD-Fraktion im Amt zu halten.

Der designierte Minister Stoch ist Jurist und Vater von vier Kindern. Der 43-jährige Heidenheimer hat sich als Obmann im Untersuchungsausschuss zur EnBW-Affäre einen Namen gemacht. Er gilt als enger Vertrauter von Fraktionschef Claus Schmiedel. Stochs Frau ist Sonderschullehrerin.

FDP begrüßt Rücktritt

Die FDP-Fraktion begrüßte den Rücktritt von Warminski-Leitheußer. „Dies ist ein guter Tag für alle Schüler und Lehrer in Baden-Württemberg“, teilten Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke und der Schulexperte Timm Kern mit. Allein durch den Rückzug bessere sich aber die Schulpolitik nicht. Sie appellierten an die Koalition, „ihre einseitige ideologische Politik zugunsten der Gemeinschaftsschulen aufzugeben“.

Warminski-Leitheußer hatte vor allem auch mit der Unzufriedenheit der einflussreichen Lehrer-Gewerkschaft GEW zu kämpfen. Mitte Dezember protestierten 1200 Lehrer in Stuttgart gegen die Politik der SPD-Frau. Zwar investierte Grün-Rot zu Beginn der Legislaturperiode kräftig in Kinderbetreuung und Unterrichtsversorgung. Doch wegen der Haushaltsmisere kündigte Kretschmann schließlich an, die Regierung wolle bis 2020 insgesamt 11.600 Lehrerstellen streichen.

In der Amtszeit von Warminski-Leitheußer wurde die neue Gemeinschaftsschule eingeführt, in der Schüler länger gemeinsam lernen. Zudem wird an einigen Gymnasien im Land wieder der neunjährige Zug zum Abitur erprobt.