Das abgewirtschaftete Südafrika bietet reichlich Anlass zur Sorge. Aber nicht für Weltuntergangsstimmung, kommentiert Afrika-Korrespondent Christian Putsch.
Drei Jahrzehnte hat es gedauert, nun könnte der ANC bei den Wahlen am Mittwoch seine erste spürbare Quittung für seine desaströse Regierungsleistung bekommen. Die Umfragen prognostizieren den Verlust der absoluten Mehrheit. Es wäre eine neue Erfahrung für die einstige Befreiungsorganisation, die mit Verdiensten der Vergangenheit nicht länger Misswirtschaft der Gegenwart kaschieren kann.
Der Nation dürfte eine turbulente Zukunft bevorstehen. Aber die gäbe es angesichts der höchsten Einkommensunterschiede der Welt auch ohne ANC-Korruption. Während in West- und Zentralafrika ein Volk nach dem anderen seine demokratischen Ambitionen freiwillig – mit Ausnahme des Sudan – Generälen vor die Füße wirft und sich in vielen vermeintlichen Demokratien Herrscher auf Lebenszeit an der Macht halten, werden die Spaltungen in Südafrikas Gesellschaft trotz der Verfehlung des ANC eindeutig demokratisch verhandelt. Die Stabilisatoren sind die starke Zivilgesellschaft, eine weise Verfassung und die Justiz, die so schwach nicht sein kann – schließlich hat sie auch die Untergrabungsversuche von Ex-Präsident Jacob Zuma überstanden.