Die Suchtberatungsstelle Nagold war mit Volker Schuler, Bürgermeister in Ebhausen im Gespräch. Es ging um die Inhalte der Arbeit, Folgen von Süchten und die Cannabis-Legalisierung.
Seit 50 Jahren besteht die Suchtberatungsstelle im Kreis Calw – und leistet wertvolle Arbeit. Darüber haben Pressesprecher Peter Heinrich und Leiterin Anja Niedballa nun auch den Ebhausener Bürgermeister und FW-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag, Volker Schuler, in der Außenstelle in Nagold aufgeklärt.
Im Gespräch wird auch deutlich: Sucht ist weitaus mehr als die Sucht nach Betäubungsmitteln. Auch Essstörungen gehören dazu – die meisten, die in die Beratung wegen diesem Bereich kommen, leiden unter Magersucht. Auch Verhaltenssüchte spielen eine Rolle, wie etwa das Glücksspiel. „Beim Glücksspiel geht es in der Regel um das Automatenspiel“, erklärt Niedballa. Schuler kennt das Bild von Menschen, die an den Automaten zocken. Ebhausen betreffe das zwar nicht so sehr, aber er wisse: Auch die Gemeinden, die an den Glücksspielen mitverdienen – etwa über Steuer – würden daran gut verdienen. Was die Spieler betrifft: Am Ende gewinne immer der Automat.
„Das macht sehr schnell abhängig und wird auch sehr schnell existenziell“, erklärt Niedballa. Den Glücksspiel geht enorm schnell ins Geld. Heinrich ergänzt: „Wir hatten hier schon Leute, die haben zwei Häuser verzockt.“
Social Media-Sucht ist kaum relevant
Schulers Frage, ob in der Suchthilfe eine Zunahme an Social-Media-Sucht zu bemerken ist, verneint Niedballa. Die Sucht nach Social Media spiele zumindest bei Jugendlichen kaum eine Rolle.
Und wie sehe es seit der Cannabislegalisierung aus? Heinrich steht dem Thema kritisch gegenüber. „Cannabis wird verharmlost“, meint er. Gerade bei Jugendlichen, deren Gehirn noch nicht vollständig ausgereift ist, könnte die Droge zu schweren Folgen wie Gedächtnisproblemen und psychischen Störungen führen. Seit der Legalisierung würden Gerichte keine Personen mehr wegen Cannabis-Sucht schicken, das bemerke man, meint Niedballa.
Ein Problem bei Abhängigkeiten sehen Heinrich und Niedballa in der Stigmatisierung der Betroffenen. Sucht ist eine Erkrankung. Jedoch wird sie, da Betroffene aktiv ihrer Sucht nachgeben – also aktiv spielen, trinken oder Drogen einnehmen – oft mit mangelnder Disziplin in Verbindung gebracht. Doch wer süchtig ist, ist bereits in einem Bereich, in dem er oder sie das eigene Verhalten nicht mehr kontrollieren kann.
Damit es gar nicht soweit kommt, nimmt auch die Präventionsarbeit viel Raum ein, etwa in Schulen. In manchen Schulen gäbe es jedes Jahr Prävention, anderen erst, wenn das Suchtthema an der Schule bereits konkret ist. Häufig hätten Schulen die Sorge, dass sie sonst den Eindruck erwecken, es gäbe ein Problem. „Das Gegenteil ist der Fall“, meint Heinrich.
Die Schüler selbst würden das Thema gut aufnehmen. „Die machen da super mit, sind interessiert und haben gute Fragen“, berichtet Niedballa von den Erfahrungen der Mitarbeiter.
Und auch Angehörige können sich an die Suchthilfe wenden. „Wenn der Betroffene dann kommt, kommen die Angehörigen oft nicht mehr“, meint Niedballa. „Das ist schade. Ich halte Sucht auch für eine systemische Frage.“
Sie empfiehlt Angehörigen, die Sucht nicht mitzutragen. Das heißt etwa, den Partner nicht unter einem Vorwand krankzumelden, wenn dieser eigentlich betrunken war oder ist. Und Angehörige müssten erkennen, dass sie die Sucht nicht allein bekämpfen können, etwa durch das Kontrollieren des Jugendzimmers. „Man hat da nichts in der Hand“, sagt Niedballa. Wichtig sei, den Weg mit den Betroffenen zu gehen – etwa durch den Gang zur Beratungsstelle.
Erreichbarkeit
Offene Sprechstunde
in Nagold, dienstags von 10.30 bis 12.30 Uhr in der Marktstraße 12, in Calw in der Bahnhofsstraße 31 donnerstags von 13 bis 15 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.
E-Mail
an fs-calw@bw-lv.de
Telefonisch
unter 07051/93616, Montag bis Freitag von 9 bis 12 Uhr, Montags, Dienstags, mittwochs und Freitags von 13 bis 14 Uhr und Donnerstags von 14 bis 16 Uhr.