Präsidentin Ulrike Zeitler veröffentlichte auf der Homepage des MTV Stuttgart eine Impfaufforderung. Foto: Baumann

Einbrüche bei den Sportkursen, ein Boom bei Kindern und Jugendlichen: Der MTV Stuttgart steht in der Coronakrise vor großen Herausforderungen. Auch was den Umgang mit dem Impfen angeht.

Stuttgart - Der MTV Stuttgart hat 8600 Mitglieder, sein Portfolio umfasst mehr als 40 Sparten. Der Verein ist der größte Sportanbieter der Stadt – und ein Club mit Haltung. Schon vor sechs Wochen veröffentlichte Präsidentin Ulrike Zeitler im Namen des gesamten Vorstandes auf der Homepage einen Impfaufruf. „So wie im Sport ist auch hier Teamgeist gefragt“, steht darin zu lesen, „tragen Sie mit der Impfung zu diesem Gemeinschaftsschutz bei!“ Ob die Aufforderung gelesen, verstanden und umgesetzt wurde? Zeigt sich in diesen Tagen.

 

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Ungeimpfte sind in der Alarmstufe laut der Coronaverordnung des Landes Baden-Württemberg vom Sport in geschlossenen Räumen ausgeschlossen, draußen benötigen sie für jede Trainingseinheit und jedes Spiel einen PCR-Test. Wie sich das auf die vielen Vereinsmannschaften auswirken wird, weiß Ulrike Zeitler (noch) nicht. Klar, die Bundesliga-Volleyballerinnen sind mitsamt ihres Trainer- und Betreuerstabes zu 100 Prozent geimpft. Aber sonst? „Es gibt keine Auskunftspflicht, deshalb fehlen uns verlässliche Zahlen“, sagt die MTV-Chefin, deren Bauchgefühl aber eindeutig ist: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass uns an dieser Stelle etwas wegbricht und Mannschaften womöglich nicht mehr antreten können, denn die Abteilungsleiter und Trainer haben massiv auf ihre Spielerinnen und Spieler eingewirkt, sich impfen zu lassen.“ In anderen Bereichen sieht es indes weniger gut aus.

Im Nachwuchsbereich gibt es teilweise sogar Wartelisten

Der MTV Stuttgart bietet Woche für Woche mehr als 150 Sportkurse an – und in einigen gibt es laut Zeitler „drastische Rückgänge“. Teilweise wird nur noch ein Drittel der üblichen Teilnehmerzahlen erreicht. Das hat natürlich mit der Impfsituation zu tun (schon in der Warnstufe gab es deutliche Beschränkungen für Ungeimpfte). Aber nicht nur. „Wir spüren auch, dass vor allem bei Älteren große Ängste bestehen“, sagt die MTV-Chefin, die sich zugleich darüber freut, dass ihr Verein im Kinder- und Jugendbereich einen Ansturm erlebt. „Da läuft es super gut, teilweise gibt es sogar Wartelisten“, sagt Zeitler, der die Talente besonders wichtig sind: „Es ist für uns ein großes Anliegen, diese Generation, die in der Pandemie lange für die Älteren gelitten hat, nicht zu verlieren.“

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Auch deshalb erneuert Zeitler ihren Impfaufruf – und fordert zudem die Politik zum Handeln auf: „Ich kann angesichts der Tatsache, dass es immer noch keine gesetzliche Impfpflicht gibt, nur den Kopf schütteln.“ Der MTV Stuttgart macht sogar mehr, als er tun müsste. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Geschäftsstelle sind doppelt geimpft. Trotzdem testen sie sich täglich, die Kosten übernimmt der Verein. „So überbrücken wir die Zeit bis zur dritten Impfung“, sagt Ulrike Zeitler, „und so sollte es auch viel öfter im Privatleben gehandhabt werden.“