Stuttgarterin Julia Moskins „Vom Krankenbett möchte ich nicht weg“

Daniel Gräfe
Die Stuttgarter Intensivpflegerin Julia Moskins erzählt von ihrem Alltag. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko/KI/Midjourney/Montage: Pichlmaier

Fast 20.000 Menschen sind in den Stuttgarter Krankenhäusern beschäftigt, Intensivpflegerin Julia Moskins ist eine davon. Wie ist ihr Arbeitsalltag – und wie hoch das Gehalt?

Eine Oma kann ein Leben prägen: Als Julia Moskins geliebte Großmutter mit einer Blutvergiftung auf einer Intensivstation lag, war Moskins 15 Jahre alt. „Ich fühlte mich traurig und ohnmächtig, weil ich helfen wollte, es aber nicht konnte. Das war der Punkt, an dem ich mich entschied, die Ausbildung zur Pflegefachkraft zu machen.“

 

13 Jahre ist das jetzt her. Moskins steht auf der Intensivstation des Stuttgarter Robert Bosch Krankenhauses (RBK) und überprüft im Patientenzimmer eine elektronisch betriebene Spritzenpumpe, über die bis zu 17 Medikamente verabreicht werden können. Versagen einem Patienten mehrere Organe, werden die Infusionen alle über entsprechende Abzweigungen eingeleitet – etwa Antibiotika, Kreislauf-Stabilisatoren, Schmerzmittel und Kalium. Manchmal kommen auch Beatmungs- und Dialysegeräte zum Einsatz.

Auf der Intensivstation geht es um Leben und Tod

Die Möglichkeiten, Leben zu erhalten, verbessern sich ständig, sagt Moskins. Manchmal springe ein Patient dem Tod doch noch von der Schippe – oder auch umgekehrt. Dennoch könne sich die Lage immer unerwartet und schnell ändern und zum Notfall werden. „Dann wird ein stabiler Patient zum instabilen Patienten – und in manchen Fällen sogar reanimationspflichtig.“

Das ist Alltag auf Moskins Station mit ihren rund 150 Beschäftigten. Kurz nach 6 Uhr startet Moskins ihre Frühschicht und erhält von der Nachtschicht alle relevanten Patienten-Informationen für die Pflege an diesem Tag. In der Regel betreut sie zwei. Sie prüft die wichtigsten Geräte und Werte, nimmt Blut ab, mobilisiert, hilft bei der Körperpflege. Sie bereitet Patienten für die Operation vor oder fährt sie nach der OP auf die Station. Entfernt die Beatmungsschläuche, verabreicht Schmerzmittel.

Nachtarbeit nicht sehr beliebt

Bis 14.20 Uhr dauert die frühe Schicht. Der Nachtdienst geht von 20.30 Uhr bis knapp 7 Uhr, der Spätdienst zuvor von 13 bis 21 Uhr. Wie in allen Krankenhäusern ist auch im RBK mit seinen über 3000 Beschäftigten Schichtplanung ein großes Thema. Die vergangenen Monate konnte Moskins die Nachtschicht vermeiden, mit der Nachtarbeit tue sie sich schwer, meint sie. Die zwei Tagesschichten dagegen kommen ihrem Alltag mit Mann und Hund entgegen. „Ich kann die Betreuung des Hundes gut aufteilen. Schichten bieten mir privat Flexibilität – die meisten hier empfinden es ähnlich.“

Von ihrer Karriere abgehalten hätte es Moskins auch dann nicht, wenn sie die Schichten schwerer mit ihrem Alltag hätte vereinbaren können. Ihre Ausbildung machte die Ludwigsburgerin in einem Krankenhaus in Mühlacker, die Intensivstation faszinierte sie sofort. „Man hatte eine viel größere Verantwortung, als es auf einer Normalstation üblich war.“ Als sie einige Jahre später von einer Ausschreibung des renommierten Robert Bosch Krankenhauses erfährt, bewirbt sie sich als Intensivpflegerin.

Schwer sei es am Anfang gewesen. An den Abenden lernen für die Weiterbildung auf der Intensivstation, dazu verschiedene Fortbildungen. Inzwischen ist Moskins, die sich als „zuverlässig, ordentlich und ehrgeizig“ bezeichnet, als Praxisanleiterin tätig. Sie arbeitet neue Mitarbeiter ein und nimmt Prüfungen ab.

Mehr als 3000 Beschäftigte zählt das Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus. Foto: RBK

Am schönsten aber sei, wenn sie mit dem Team ein Leben retten können. Oder wenn ein Patient, den sie länger betreute, Monate später mit Blumen und einem Dankeschön die Station betrete. Neben viel Zuspruch gebe es aber auch jene, die nicht akzeptieren könnten, wenn eine Krankheit nicht zu heilen sei oder die Operation schlechter verlief als erwartet. „Auf der Intensivstation lernt man schnell, wie Ausnahmesituationen das Verhalten verändern.“

Solche Bilder verblassen nach Feierabend nicht immer. Auch deshalb bietet das Krankenhaus einmal im Monat ein Treffen mit einem Arzt an, der auch Psychologe ist. Dann geht es um Ausnahmesituationen und Druck. Um all das, was die Pflegerinnen und Pfleger bewegt. „Aber wir reden auch so viel untereinander, das hilft“, betont Moskins. „In unserem Team sind auch Freundschaften entstanden.“

Und redet man auch über das Gehalt?

Moskins Bezahlung ist an den Tarif im öffentlichen Dienst für kommunale Krankenhäuser in Baden-Württemberg angelehnt. Der Tarif für die Pflege ist je nach Qualifikation in verschiedene Entgeltgruppen eingeteilt. Innerhalb dieser gibt es mehrere Erfahrungsstufen, die sich nach der Dauer der Beschäftigung richten. Der monatliche Bruttolohn variiert für eine Pflegehilfe in Höhe von 2828 Euro bis hin zu einer Pflegefachkraft, die die Pflege eines Krankenhauses leitet und maximal 6749 Euro verdient.

Als erfahrene Intensivpflegefachkraft mit acht Jahren Berufserfahrung und der Zusatzfunktion Praxisanleiterin würde Moskins 4195 Euro erhalten, dazu monatliche Zulagen in Höhe von je 100 Euro für ihre Tätigkeit als Intensivpflegerin und für die Schichtarbeit. Da sie mit einer Vier-Tage-Woche in Teilzeit arbeitet, bekommt Moskins monatlich 3356 Euro Gehalt und insgesamt 160 Euro an Schichtzulagen überwiesen. Dazu erhält sie Zuschläge in Höhe von 20 bis 35 Prozent für die Arbeit an Wochenenden und Feiertagen und eine Jahressonderzahlung, die bis zu einem Monatsgehalt betragen kann.

Gehalt reicht für ein unabhängiges Leben

Aktuell habe sie 730 Euro im Monat zusätzlich auf dem Konto, sagt Moskins, obwohl sie keine Nachtschichten mache. „Ich finde es gut, dass ich mit mehr Schichten mehr Geld verdienen kann. Von meinem Gehalt kann ich auch alleine und unabhängig leben.“

Umso leichter, da sie mit ihrem Mann in einem Apartment wohne, Neubau, 56 Quadratmeter, 1200 Euro warm mit Stellplatz. Sie fahre gerne in den Urlaub, gehe gerne mit Freunden essen, lege sich etwa Geld zurück. „Eine gute Mischung aus allem“, wie sie meint. Gerne würde sie auch noch auf die Philippinen reisen. Ein guter Freund von dort, der als Pfleger nach Deutschland kam, habe ihr viel von seinem Heimatland erzählt.

Vielleicht werde sie aber zuvor ein Fernstudium in Pflegpädagogik beginnen, vier Jahre dauere es parallel zum Beruf. Dann könne sie auch in einer Pflegeschule unterrichten. Auch wenn sie die Lehre möge, sei ihr eins klar, betont Moskins. „Vom Krankenbett möchte ich nicht weg.“