Rückschläge pflastern seinen Weg, doch Marian Riedinger ist ein echtes Stehaufmännchen. Auch nach drei Kreuzbandrissen denkt der Verteidiger der Stuttgarter Kickers nicht daran, aufzugeben.
Viele hätten nach diesen Nackenschlägen schon aufgegeben. Und auch Marian Riedinger räumt ein, dass ein rein rational denkender Mensch sich zumindest fragen würde: „Muss das denn alles sein?“ Doch der Außenverteidiger des Fußball-Regionalligisten Stuttgarter Kickers denkt auch nach drei Rissen des vorderen Kreuzbandes und einer demnächst anstehenden Arthroskopie nicht an ein vorzeitiges Karriereende. „Es ist eine emotionale Entscheidung, weiter alles zu probieren. Ich liebe dieses Spiel und über allem steht das Ziel, wieder gesund auf dem Platz zu stehen. Daran ziehe ich mich hoch“, sagt der 23-Jährige.
In Heidenheim beginnt das Pech
Der vom Pech verfolgte lässt sich also alles – nur nicht unterkriegen. Was bei seiner Leidensgeschichte nicht selbstverständlich ist. Zur Chronologie: Vor dem zweiten A-Jugend-Jahr beim 1. FC Heidenheim riss sich Riedinger in der Sommer-Vorbereitung 2019 das Kreuzband. Der Genesungsprozess läuft optimal. Der in Münsingen geborene ehemalige Jugendspieler des SSV Reutlingen wechselt mit Beginn der Saison 2020/21 zu den Kickers, erkämpft sich zum Ende der Saison 2021/22 einen Stammplatz.
Auch im ersten Spiel nach der Winterpause in der Saison 2022/23 steht der rechts wie links einsetzbare Mann für die Außenbahn am 4. März 2023 in der Partie bei der TSG Backnang in der Anfangsformation. Noch in der ersten Halbzeit zieht er sich bei einem Zweikampf erneut einen Kreuzbandriss zu, wieder im rechten Knie. Der Schock sitzt tief. Schnell aber richtet Riedinger wieder den Blick nach vorne. Bereits am 22. März 2023 startet er seine Reha, diesmal in einem speziellen Trainingszentrum in Angelbachtal in der Nähe von Sinsheim. Dort schuftet er mit eisernem Willen monatelang und nahm sich sogar ein Zimmer im Kraichgau.
Stets volle Rückendeckung
Alles läuft nach Plan, Riedinger zieht bei den Kickers in der Winter-Vorbereitung Anfang 2024 das volle Programm durch. Im letzten Testspiel vor dem Pflichtspiel-Re-Start gegen die Würzburger Kickers erwischt es den Pechvogel erneut: Dritter Kreuzbandriss im rechten Knie.
Natürlich steckt er den neuerlichen Tiefschlag nicht problemlos weg. „Mental ist das Ganze nicht einfach, doch ich hatte immer den nötigen Rückhalt“, betont er. Von seiner Familie, von seinen Freunden, von seiner Freundin Luise und auch von seinen Mitspielern bei den Blauen: „Ich war und bin immer ein Teil der Mannschaft.“
Bis Ende Augusts 2024 lief im Reha-Prozess alles wunschgemäß. Dann schwoll das Knie immer wieder mal an, was bei Belastungen nicht unbedingt ungewöhnlich ist. Mal wurde es wieder etwas besser, dann wieder schlechter. Eine MRT-Untersuchung Anfang September 2024 bringt keine Erkenntnisse. „Kreuzband, Meniskus, alles sieht gut aus. Die Ärzte sagen, sie haben schon viel, viel schlimmere Knie gesehen“, berichtet Riedinger. Trotzdem reagiert das Knie auf die hohen Belastungen in der Reha immer wieder mit Schwellungen im Gelenk.
Riedinger spricht von einer ständigen „Berg- und Talfahrt“. Da das komplette Repertoire an konservativen Behandlungsmethoden ausgeschöpft ist, hat er sich nun entschieden, demnächst eine Arthroskopie durchführen zu lassen. „Mehrere Ärzte haben mir das empfohlen, da man bei einer MRT-Untersuchung nicht alles sehen kann“, erklärt Riedinger.
Er ist nicht so naiv, um sich bei dieser Leidensgeschichte nicht längst um ein zweites Standbein neben dem Fußball zu kümmern. An der Uni Hohenheim hat er ein Bachelor-Studium in Wirtschaftswissenschaften abgeschlossen, derzeit arbeitet er an seinem Master im Studiengang Management.
Und sportlich? Hofft er weiter auf eine Rückkehr. Eines der Beispiele, das Hoffnung macht, ist Jens Nowotny. Der Ex-Bundesligaprofi schaffte es sogar nach vier Kreuzbandrissen wieder in die Fußball-Nationalmannschaft, in einer Zeit, als es medizinisch noch nicht so viele Möglichkeiten gab. Oder sportartübergreifend, der Handballer Sebastian Heymann, der nach drei Kreuzbandrissen ebenfalls wieder für Deutschland am Ball war.
Vertrag steht nicht im Fokus
Dass Riedingers Vertrag bei den Kickers am Saisonende ausläuft, bereitet ihm aktuell keine Sorgen und steht nicht in seinem Fokus. „Das ist für mich aktuell kein Thema. Ich will einfach gesund werden und in der neuen Saison wieder auf dem Platz stehen. Darauf arbeite ich hin.“ Wer seine bisherigen Comeback-Qualitäten verfolgt hat, zweifelt daran nicht.