Das Torjägerduo David Braig (links, 18 Saisontore) und Kevin Dicklhuber (25 Saisontore) hat den größten Anteil an den bisher 99 geschossenen Kickers-Treffern in dieser Saison. Foto: Baumann/Hansjürgen Britsch

Die Stuttgarter Kickers stehen nicht nur vor dem Aufstieg, sie sorgen mit ihrer Offensivstärke auch für Furore in der Oberliga. Noch ein Treffer fehlt zum Hundert-Tore-Sturm – es wäre der dritte in der Vereinsgeschichte.

Die Stuttgarter Kickers haben in dieser Woche zwei sehr wichtige Spiele vor der Brust. Erst geht es an diesem Mittwoch (17.30 Uhr/Dietrich-Lang-Sportzentrum) bei Landesligist Türkspor Neu-Ulm um den Einzug ins WFV-Pokal-Finale, dann sollen am Samstag (15.30 Uhr/Stadion an der Kreuzeiche) beim SSV Reutlingen die letzten Restzweifel am Aufstieg in die Fußball-Regionalliga beseitigt werden.

 

Hauptsache Aufstieg

Trainer Mustafa Ünal ist es dabei egal, mit vielen Punkten Vorsprung seine Mannschaft Meister wird, Hauptsache sie wird Meister. Ihm ist es auch gleichgültig, mit wie vielen geschossen Toren die Blauen aufsteigen, Hauptsache sie steigen auf. „Wir wollen unsere großes Ziel erreichen. Ob mit 90 oder 100 Toren ist nicht entscheidend, auch wenn die 100 Tore für die Vereinshistorie natürlich etwas Besonderes wären“, sagte Ünal nach dem 4:1-Heimsieg am vergangenen Samstag gegen den 1. Göppinger SV. 99:14 lautet aktuell das Torverhältnis. Dass jetzt plötzlich akute Ladehemmung einsetzt, kann sich keiner vorstellen. Bei noch ausstehenden vier Saisonspielen wäre es ein kleines Fußall-Wunder, würden die 100er-Marke nicht geknackt werden.

Nun beschäftigt sich kein Trainer gerne mit solchen Nebenschauplätzen, zumindest so lange die wirklich wichtigen Ziele noch nicht erreicht sind. Mustafa Ünal ist diesbezüglich keine Ausnahme. Also antwortete er auf die Frage, wem er diesen Jubiläumstreffer gönnen würde mit: „Der Mannschaft!“ Aber einer müsse es nun mal schießen, sah sich der Coach bei der Pressekonferenz einem hartnäckigen Nachhaken ausgesetzt. „Dann Nico Blank“, ging Ünal doch ein konkreter Name über die Lippen. Seine Wahl fiel nicht deshalb auf den Mittelfeldspieler, weil der in dieser Saison noch keinen Treffer erzielt hat, sondern weil dieser zuverlässige Teamplayer sämtliche Tiefschläge der blauen Art in den vergangenen Jahren live miterlebt hat. „Nico hat so viel Dreck gefressen, er hätte es verdient“, fügte Ünal die Begründung noch hinzu.

„Unvergessene Degerlocher Herrlichkeit“

Schon zweimal gab es in der 124-jährigen Geschichte der Kickers einen Hundert-Tore-Sturm. In der Saison 1947/48 kamen die Blauen in der damaligen Oberliga Süd mit einem Torverhältnis von 113:58 ins Ziel. Das reichte in der damals höchsten deutschen Spielklasse nur zu Platz drei mit 50:26 Punkten hinter dem 1. FC Nürnberg und dem TSV 1860 München. Dennoch hieß die Überschrift in einem 1988 herausgegebenen Kickers-Buch: „Conen & Co., die Torfabrik – unvergessene Degerlocher Herrlichkeit.“ Der legendäre Hans Blickensdörfer schrieb: „Es gab nichts halbwegs Vergleichbares in Deutschland.“

Die besten Torschützen hießen seinerzeit laut Kickers-Archiv Kurt Lauxmann (26 Treffer), der bei Saar 05 Saarbrücken groß gewordene Edmund Conen (18 Treffer), Siegfried Kronenbitter (13 Tore), Hellmut Schmeißer (11) und Günter Sosa (11), der Onkel von Lutz Siebrecht, dem ehemaligen Sportlichen Leiter der Kickers. Reinhard Schaletzki kam auf acht Tore.

„Nicht zu stoppendes Wunderteam“

In der Saison 1950/51 hatten die Blauen erneut einen Hundert-Tore-Sturm zu bieten. Mit 52:16 Punkten und 115:47 Tore schoss sich das Team der Blauen vor Viktoria Aschaffenburg und Jahr Regensburg in der Oberliga Süd auf Platz eins. Kronenbitter (29 Tore), Alexander Pflum (15), Walter Schumacher und Erich Dreher (je 14) hießen die erfolgreichsten Toremacher. „Das war eine Wundermannschaft, die nicht zu stoppen war“, heißt es in einer weiteren Publikation über die Kickers.

Erst die Pflicht erfüllen

Das dürfte Motivation genug sein für die aktuellen Mannschaft, sich in die Geschichtsbücher einzutragen. Doch vor der Kür, gilt es die Pflicht zu erfüllen – mit dem Einzug ins WFV-Pokal-Finale an diesem Mittwoch bei Türkspor Neu-Ulm und am Samstag mit Meisterschaft und Aufstieg in Reutlingen.

Restprogramm

Oberliga
SSV Reutlingen – Kickers (6. Mai, 15.30 Uhr), FC 08 Villingen – SG Sonnenhof Großaspach (6. Mai, 14 Uhr), Kickers – SG Sonnenhof Großaspach (13. Mai, 14 Uhr), Kickers – FC 08 Villingen, SG Sonnenhof Großaspach – Freiburger FC (beide 20. Mai, 15.30 Uhr), Freiburger FC – Kickers, FC Holzhausen – SG Sonnenhof Großaspach (beide 27. Mai, 15.30 Uhr).

WFV-Pokal
Halbfinale: Türkspor Neu-Ulm – Stuttgarter Kickers, FV Rot-Weiß Weiler – TSG Balingen (beide 3. Mai/17.30 Uhr). Beide Halbfinalspiele werden live und kostenlos auf dem YouTube-Kanal des Württembergischen Fußballverbandes (WFV) übertragen. Finale: 3. Juni im Gazi-Stadion. (jüf)