Optimist Buchwald: In den Heimspielen im April werden die Weichen zum Ligaverbleib gestellt. Foto: Baumann

Der Kampf um den Drittliga-Klassenverbleib geht für die Stuttgarter Kickers in die entscheidende Phase. Sollte es am Ende nicht reichen, hätte dies gewaltige Einschnitt zur Folge – in allen Bereichen.

Stuttgart - Eindeutiger kann eine Favoritenrolle nicht verteilt sein. Auf der einen Seite der Karlsruher SC: Tabellenführer der dritten Liga, seit 19 (!) Punktspielen ungeschlagen, dazu mit dem Heimvorteil im Rücken. Auf der anderen Seite die Stuttgarter Kickers: Tabellen-15., seit fünf Spielen ohne Sieg und mit wenig Mut machenden Erinnerungen ans Hinspiel im Hinterkopf. Beim 0:2 bekamen die Blauen so deutlich wie noch nie seit dem Aufstieg ihre Grenzen aufgezeigt. „Diese Niederlage gegen den KSC war neben dem 0:3 in Aachen die größte Enttäuschung in dieser Saison“, sagt Guido Buchwald. Das Kickers-Präsidiumsmitglied hat die Punkte im Rückspiel am Karsamstag (14 Uhr/SWR) im Wildpark keinesfalls schon vor dem Anpfiff abgeschrieben, aber ein wenig blickt er auch schon über das ungleiche Duell hinaus: „Der April wird für uns der Monat der Wahrheit“, betont Buchwald.

 

Vor allem in den Heimspielen gegen die direkten Konkurrenten Rot-Weiß Erfurt (6. April), Borussia Dortmund II (9. April) und den SV Babelsberg (27. April) sollen die entscheidenden Weichen für den Klassenverbleib gestellt werden. „Ich bin ganz sicher, wir schaffen das“, sagt Buchwald mit der Miene des zutiefst Überzeugten.

Und wenn es am Ende doch nicht reichen sollte? Buchwald rückt sich auf seinem Stuhl im Kickers-Clubrestaurant zurecht, seine Mundwinkel gehen nach unten, dann gesteht er frei von der Leber weg: „Das wäre ein Riesenrückschlag. Die Arbeit von zweieinhalb Jahren wäre so gut wie umsonst gewesen.“ Vergangenen Dienstag war Präsidiumssitzung. Und in Anbetracht der ernsten Lage kam auch Plan B zur Sprache. Nur eingleisig zu denken wäre fahrlässig. Also wird bis zum Stichtag 1. April auch die Lizenz für die Regionalliga beantragt. Diese zu bekommen ist reine Formsache. „Wir haben den Verein finanziell auf gesündere Beine gestellt“, betont Buchwald. Was nichts daran ändert: Der Einschnitt bei einem Abstieg wäre gewaltig: „Der sofortige Wiederaufstieg könnte nicht erwartet werden“, sagt er. Seine Lippen werden schmal, dann fügt der Fußball-Weltmeister von 1990 mit leiser Stimme hinzu: „Auch ich selbst müsste mich dann hinterfragen.“ Er würde sich nicht aus der Verantwortung stehlen, sagt er. Aber „es gäbe viele offene Fragen, die wir in den Gremien beantworten müssten“.

Arbeit trug schnell Früchte

Die Blauen sind so etwas wie sein Baby. Im Dezember 2010 heuerte er im Präsidium an. Buchwald drehte an den entscheidenden Stellschrauben. Seine Arbeit trug schnell Früchte. Doch nach dem überzeugenden Saisonstart in der dritten Liga (elf Punkte in acht Spielen) ging es plötzlich abwärts. Die letzte Patrone verballerte der Verein im November 2012 relativ früh: Trainer Dirk Schuster musste gehen. Buchwald selbst übernahm für drei Spiele, dann folgte Gerd Dais. Nach sieben Punkten aus den ersten drei Spielen 2013 unter dem neuen Coach folgten fünf Spiele mit nur einem Punkt. Ist der Effekt des Trainerwechsels schon verpufft? Buchwald schüttelt den Kopf und deutet mit dem Zeigefinger nach oben: „Die Richtung stimmt wieder. Zuletzt hatten wir eine Spitzenmannschaft wie Arminia Bielefeld am Rande einer Niederlage.“

Kein Widerspruch, doch kritische Fragen bleiben. Warum hat der Verein in der Winterpause das Risiko nicht minimiert und statt drei Perspektivspielern nicht lieber einen abgezockten Routinier verpflichtet, der auf und außerhalb des Platzes Reize setzt? „Wir wollten Albert Streit, er entschied sich gegen unser Angebot“, erklärt Buchwald. Auch andere erfahrene Kräfte wie Charles Takyi (FC St. Pauli) waren offenbar nicht zu haben. Buchwald streckt seine Arme aus und dreht seine Handflächen nach oben: „Unsere finanziellen Möglichkeiten sind weiter beschränkt.“

Das weiß auch Trainer Dais. Der Kurpfälzer ist ein integrer, bodenständiger Mensch. Ein Taktiker und ein Fachmann, der für den Fußball lebt. Doch er ist genauso wie sein Assistent Jürgen Hartmann ein ruhiger Typ. Braucht das Team nicht mehr emotionale Impulse von außen? Buchwald stemmt die Hände gegen den Tisch und kämpft wortreich für seinen Chefcoach: „Gerd Dais ist ein anderer Typ als Dirk Schuster. Er hat eine sehr sachliche Art und ein klares Konzept. Wenn wir drin bleiben, werden wir dies akribisch weiterentwickeln.“

Im Fall des Klassenverbleibs verlängert sich der Vertrag von Dais automatisch um zwei Jahre. Ein Überraschungscoup beim KSC wäre ein Meilenstein für eine Zusammenarbeit über den Sommer hinaus.