Foto: dpa

Der Fernsehturm soll wieder geöffnet werden, aber Sicherheit geht vor – und deshalb ist der Zeitpunkt weiter offen. Auf diese Sichtweise haben sich am Dienstag Südwestrundfunk-Intendant Peter Boudgoust und OB Fritz Kuhn geeinigt – in „freundlicher Gesprächsatmosphäre“, wie Kuhn später sagte.

Stuttgart - Bei einem Spitzengespräch über die Fernsehturm-Sperrung haben SWR-Chef Peter Boudgoust und OB Fritz Kuhn am Dienstag erwartungsgemäß die Einholung eines Brandschutzgutachtens vereinbart. Ein Unternehmen, das sich bereits um den Brandschutz im Mercedes-Museum verdient machte, soll Vorschläge für eine Nachrüstung des baulichen Brandschutzes machen. Ziel: ein sicherer Fluchtweg für Besucher auf dem Turm.

Ob das Gutachten Tage oder Wochen auf sich warten lässt, vermochte Kuhn auch am Dienstagabend nicht zu sagen, als er Vertreter der Ratsfraktionen über sein Gespräch mit Boudgoust informierte. Die Unterredung mit den Fraktionen sei in unaufgeregter Atmosphäre verlaufen, berichteten Teilnehmer. Schuldzuweisungen an Kuhns Adresse habe es nicht gegeben, hieß es, obwohl die SPD Kuhn zuvor ein „dramatisiertes“ Vorgehen vorgehalten hatte und die CDU von einer überstürzten Schließung sprach.

Peter Pätzold (Grüne) soll CDU-Fraktionschef Alexander Kotz vorgehalten haben, dass er den Konsens aufgekündigt habe, der bei einem Gespräch von Kuhn mit Fraktionsvertretern am 27. März herrschte; damals hatte Einigkeit bestanden, dass Kuhn mit der Sperrung die richtigen Konsequenzen aus der Lagebeurteilung seiner fachlich zuständigen Mitarbeiter gezogen habe. Kotz sagte auf Anfrage, er sei damals nicht dabei gewesen. Fraktionsvize Jürgen Sauer habe unmittelbar auf eine überraschende Mitteilung reagieren müssen. Er, Kotz, könne Kuhns Entscheidung und das zeitliche Vorgehen auch nachvollziehen, müsse mit dem Abstand von einigen Tagen aber nicht unterschreiben, dass es keine Alternative gegeben hätte. Auch nach Maßnahmen im Turmschaft werde es künftig nicht ohne Ausnahmegenehmigung für den Brandschutz gehen, sagte Kotz. Es werde also auf die Mitwirkungsbereitschaft von Kuhn ankommen, der die Öffnung nicht mehr verantworten konnte. Er habe aber das Gefühl, sagte Kotz, dass Kuhn pessimistisch über die Chancen der Nachrüstung denke. Kuhn erklärte auf Nachfrage: „Ich hätte mich strafbar gemacht, wenn ich anders gehandelt hätte und sich ein Unglück ereignet hätte.“ Schadenersatzforderungen gegen die Stadt, die ein Vertreter der SWR Media Services für möglich erklärt hatte, spielten im Gespräch mit Boudgoust keine Rolle, sagte Kuhn.

Attraktivität des Turms leidet

Die Gastronomen versuchen derweil, mit der Lage zurechtzukommen. Die Bar und das Café im Korb sind geschlossen, das Restaurant, der Biergarten und der Laden unten allerdings sind und bleiben offen. Darauf legt Alex Deissler, einer der Betreiber, Wert: „Wir hatten anfangs viele Absagen, weil der Eindruck entstand, die ganze Gastronomie sei geschlossen.“

Fraglos hat mit dem geschlossenen Korb die Attraktivität des Turms für Besucher gelitten. Deissler und seinen Kollegen müssen daher den Businessplan überdenken. Warum sollen Besucher zum Turm kommen, wenn nicht der Aussicht wegen? „Es ist ein attraktives Naherholungsziel, das muss man entwickeln.“ Dazu brauche man die Hilfe und das Wohlwollen der Stadt und des SWR, sagt Deissler. Wichtig wäre ihnen nicht nur ein Signal, wie es mit dem Turm weitergeht, sondern ob man auch mit ihnen weiterplant. „Man muss wieder Geld in die Hand nehmen, und das geht nur, wenn wir Sicherheit haben.“ Vor zwei Jahren habe man eine sechsstellige Summe investiert. Damals durften Deissler und seine Kollegen eröffnen, ohne dass Behörden Bedenken hatten. Nun, nachdem dieselben Behörden ihr Veto einlegten, haben sie erhebliche Umsatzverluste – und von den 41 Angestellten können sie gerade mal acht weiterbeschäftigen. „Für den Rest suchen wir eine Lösung.“ Wie auch für das große Ganze. Diese Lösung will Deissler aber nicht vor Gericht suchen. „Ich bin eher an Gesprächen interessiert. „Es muss ja in aller Sinne sein, eine vernünftige Lösung zu finden.“