Die Lichter sind aus am Stuttgarter Fernsehturm. Das Wahrzeichen auf der Waldau ist auf Brandschutzgründen geschlossen. Foto: Leif Piechowski

Ein Stuttgarter Architekt schlägt der Stadt und dem Südwestrundfunk eine fahrbare Fluchtplattform für den Fernsehturm vor – und stößt damit auf Wohlwollen.

Stuttgart - Der Plan hört sich kühn an: Eine ringförmige Plattform fährt per speziellem Mechanismus außen am Schaft entlang bis unter den Turmkorb. Dort nimmt sie bis zu 300 Menschen auf und gleitet – an Seilen gesichert – wieder nach unten. Auf diese Weise erhielte der aus Brandschutzgründen geschlossene Stuttgarter Fernsehturm einen zweiten Rettungsweg und würde für die Öffentlichkeit wieder zugänglich.

Ausgedacht hat sich diese Lösung der Stuttgarter Architekt Harald Kohrs – und trifft damit auf das Wohlwollen von Oberbürgermeister Fritz Kuhn und des Südwestrundfunks (SWR): „Wir werden das prüfen, wenn uns auch die Ergebnisse des Gutachtens vorliegen“, sagte Kuhn den Stuttgarter Nachrichten. Ähnlich äußerte sich SWR-Sprecher Wolfgang Utz, wobei für den SWR als Turmeigentümer neben der Umsetzbarkeit auch die Wirtschaftlichkeit eine entscheidende Rolle spiele. Das von Kuhn erwähnte Brandgutachten ist derzeit in Arbeit. Experten des Gutachterbüros Halfkann und Kirchner hatten im Turmschaftschaft Brände simuliert, um die Rauchentwicklung in der Röhre zu untersuchen.

Optik des Turms bleibt erhalten

Kohrs Vorschlag zielt darauf ab, dass die heutigen Brandschutzbestimmungen zwei voneinander unabhängige Fluchtwege vorschreiben. Beim mutmaßlich zweiten – seiner Rettungsplattform – handle es sich nicht um eine Art Außenaufzug, so der Architekt, der in Stuttgart seit 1992 ein Planungsbüro betreibt. Schienen und dergleichen außen am Schaft seien nicht nötig. Die Optik des Turms werde nicht beeinträchtigt. Die Plattform bewege sich motorbetrieben „unabhängig von der technischen Infrastruktur des Fernsehturms selbst und würde auch funktionieren, wenn die Energieversorgung des Turms durch einen Brandfall völlig ausfallen würde.“ Die Plattform sei bei zehn Tonnen Eigengewicht so ausgerichtet, „dass alle Besucher auf einen Schlag transportiert werden können“. Erreicht werde die Plattform über Luken unten am Turmkorb. Für die Abfahrt will Kohrs den Ring zusätzlich mit Seilen sichern. Schutz vor Feuer und Rauch biete die Stahlbetonröhre. Kohrs schätzt, dass dafür insgesamt eine einstelliger Millionbetrag investiert werden müsste.

Angesichts der Brisanz des Themas Fernsehturm will sich in Expertenkreisen namentlich noch niemand zu dem Vorschlag äußern. Es gibt aber Ingenieure, die den Plan für problemlos machbar halten. Harald Kohrs nennt als Grund für seine Initiative einen „automatischen Reflex eines Planers“.