Die Übernahme des Stuttgarter Nachbarn Behr gerät für Mahle zur Hängepartie. Das ist aber nur eine Sorge des Kolbenherstellers: Weil in Europa weniger Autos gebaut werden, machen 1000 Mahle-Beschäftigte im Ausland Kurzarbeit. Die Aussichten sind düster. Foto: dpa

Stuttgarter Autozulieferer leidet unter Umsatzeinbrüchen in Krisenstaaten – hält aber am geplanten Aufkauf von Behr fest.

Stuttgart - Im ersten Halbjahr lief es für Mahle noch rund: Der Umsatz ist gegenüber dem Vorjahr gestiegen, das Ergebnis ebenfalls, so dass die angestrebten sieben Prozent Umsatzrendite zumindest bis Ende Juni erreicht wurden. Doch in der Halbjahresbilanz zeigen sich bereits die ersten Bremsspuren, zum Beispiel in einer gesunkenen Mitarbeiterzahl: „Bei der Neubesetzung von offenen Stellen sind wir restriktiver vorgegangen, als wir es bei einer positiven Prognose gemacht hätten“, erklärte Mahle-Chef Heinz Junker. Und obwohl Mahle in Europa wieder mehr erwirtschaftet hat – in den Schuldenstaaten sind die Umsätze Junker zufolge zwischen 10 und 30 Prozent eingebrochen. In Werken in Italien, Frankreich und Spanien hat Mahle deswegen insgesamt 1000 Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt. „Über Arbeitszeitkonten lässt sich das nicht mehr abfedern“, sagte Junker. In deutschen Werken drohe aber keine Kurzarbeit.

Zwar rechnet Junker außerhalb von Europa weiterhin mit einer stabilen Autokonjunktur. Vor allem bei den Pkw-Produktionszahlen in Westeuropa und bei denen für Lkw in Südamerika erwartet er aber länger anhaltende Einbrüche. Junker ist sogar pessimistischer als das Marktforschungsinstitut IHS: Letzteres geht im Gesamtjahr von knapp sechs Prozent weniger gebauten Pkw in Europa aus, Junker hält einen Rückgang von bis zu zehn Prozent gegenüber 2011 für möglich. Für Mahle bedeutet das, dass im Gesamtjahr voraussichtlich 6,3 Milliarden Euro Umsatz eingefahren werden – ein Plus von knapp sechs Prozent verglichen mit 2011. Die Profitabilität werde bei einer Umsatzrendite „zwischen sechs und sieben Prozent“ leicht zurückgehen. Die Mitarbeiterzahl soll Junker zufolge stabil bleiben. Doch: „Auch für 2013 sehen wir keine Anzeichen einer Belebung“, betonte der Mahle-Chef.

Das zweite, deutlich kleinere Mahle-Standbein Industriegeschäft soll künftig überproportional wachsen

Wachstum verspricht er sich insbesondere in Asien, dagegen wird das Geschäft in Europa tendenziell unbedeutender. Ende Juni trugen europäische Kunden 48 Prozent zum Mahle-Umsatz bei, vor einem Jahr waren es noch 51 Prozent. Nordamerika und Asien haben ihren Umsatzbeitrag auf jeweils 20 Prozent ausgebaut. Im Automobilgeschäft – also der Belieferung von Fahrzeugherstellern mit Kolben und Filtern für Motoren – will Mahle mittelfristig ein Drittel seines globalen Umsatzes in Asien machen. Derzeit liegt der Anteil bei 25 Prozent.

Das zweite, deutlich kleinere Mahle-Standbein Industriegeschäft soll künftig überproportional wachsen, zum Beispiel durch Zukäufe. Darin bündelt Mahle Großkolben für Schiffe, Temperaturkontrollsysteme sowie Staub- und Flüssigkeitsfilter. Dass Mahle irgendwann Wasserfilter für den Haushalt verkauft, die vor Legionellen schützen, ist laut Junker ebenfalls denkbar.

Dagegen herrscht bei der geplanten Mehrheitsübernahme des Stuttgarter Klimaexperten Behr Stillstand: Weil Behr im Verdacht steht, mit zwei Zulieferern Preise abgesprochen zu haben, liegt das Vorhaben für die Dauer der Kartellermittlungen in Europa und in den USA auf Eis. Derzeit hält Mahle fast 37 Prozent an Behr, der Kauf weiterer Anteile verzögert sich laut Junker so lange, bis sich die Ermittler konkret zu den Vorwürfen äußern. Der Mahle-Chef betonte aber, nach wie vor an der Behr-Mehrheit interessiert zu sein. Ein Szenario, wonach dieser Plan fallengelassen werden könnte, sei aus heutiger Sicht nicht vorstellbar. Ob eine potenzielle Kartellstrafe in dreistelliger Millionenhöhe womöglich den Preis für weitere Behr-Anteile senken könnte, ließ Junker offen.

Nach Informationen aus Firmenkreisen herrscht zwischen Junker und dem Behr-Aufsichtsratschef Horst Geidel, der auch für die Behr-Familie spricht, inzwischen ein frostiges Verhältnis. Der Mahle-Chef presche bei der Übernahme zu schnell und rücksichtslos vor, lautet ein Vorwurf. Dagegen beschreibt Junker die „wöchentlichen persönlichen oder telefonischen Kontakte“ mit Geidel als „sehr gepflegt“ im gegenseitigen Ton.

Mahle in Zahlen

1. Halbjahr 2012 - Veränderungen gegenüber dem Vorjahreszeitraum:

Umsatz                              3,2 Mrd. €        +7,8 %

davon Europa              1,54 Mrd. €        +2,5 %

und Asien                        649 Mio. €        +16 %

Mitarbeiter                             48.084        -2,1 %

davon Europa                      20.203        -2,3 %

davon Deutschland              9041        -1,5 %