Stuttgarts Sozialbürgermeister Werner Wölfle. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Stadt Stuttgart profitiert finanziell vom Streik der Erzieherinnen. Dem zuständigen Bürgermeister wäre es aber lieber, wenn er daran nicht verdienen würde. Der Gewerkschaft wirft er vor, eigene Interessen zu verfolgen - zulasten der Familien.

Stuttgart - Die Kita-Streiks treffen aus Sicht des Stuttgarter Verwaltungsbürgermeisters Werner Wölfle (Grüne) die Falschen. „Es ist ärgerlich, dass Eltern und Kinder die Last tragen“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Kommune habe keine Nachteile, vielmehr spare sie durch die Arbeitsniederlegungen noch Geld, pro Streiktag etwa 70 000 Euro. „Das Geld will ich aber gar nicht.“ Die Verwaltung werde dem Gemeinderat auch vorschlagen, wie beim großen Streik 2009 zu verfahren und den Eltern die für nicht genutzte Betreuung gezahlten Gebühren zurückzuzahlen. Auch das Essensgeld werde erstattet: „Wer nicht isst, muss auch nicht zahlen.“

Aus Sicht von Wölfle liegt der Ball jetzt bei den Gewerkschaften Verdi und GEW. Sie müssten wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren und sich ernsthaft mit dem Arbeitgeberangebot auseinandersetzen. Es umfasse eine bessere Eingangsgruppierung für Berufseinsteiger. Das bringe den jungen Erzieherinnen etwa 150 Euro Brutto mehr im Monat.

Auch die Merkmale, die eine Höhergruppierung rechtfertigten, sollten ausgeweitet werden. Die Entgelte für Gruppenleitungen sollten nach den Vorstellungen der Arbeitgeber deutlich angehoben werden. Er verstehe nicht, warum der Arbeitskampf flächendeckend und unbefristet vorgenommen werden müsse. „Verdi geht es auch um Mitgliederwerbung“, meinte Wölfle. Verdi und GEW fordern bessere Eingruppierung von Erzieherinnen und Sozialarbeitern - im Schnitt etwa 10 Prozent mehr Lohn und Gehalt.

Beim Pflegepersonal stelle sich die Frage nach angemessener Bezahlung

Dem Grünen passt auch nicht, dass nur die Erzieherinnen in den Fokus genommen werden. Auch beim Pflegepersonal stelle sich die Frage nach einer angemessenen Bezahlung. „Wir müssen auch darauf achten, das Gehaltsgefüge insgesamt in Balance zu halten.“ Die Ratschläge aus Berlin verstehe er gut, aber: „Sie sollten mit der entsprechenden Überweisung verbunden sein.“

Selbst eine vermeintlich wohlhabende Kommune wie Stuttgart könne die Mehrkosten von 25 Millionen Euro für die verständlichen Forderungen der Erzieher und Sozialarbeiter nach auch finanziell höherer Wertschätzung nicht alleine wuppen.

Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hatte sich aus der Deckung gewagt und Sympathie für die streikenden Erzieherinnen gezeigt. „Wir brauchen eine Debatte in Deutschland, wie viel uns die Arbeit mit Menschen und die frühe Bildung unserer Kinder wert ist“, sagte sie dem Magazin „Fokus“. Von 184 Kitas in Stuttgart blieben am Montag 169 geschlossen.