Stuttgart -  Als Grünen-Politiker der ersten Stunde, aber auch als schwäbischen Dickschädel haben Festgäste Ministerpräsident Winfried Kretschmann an seinem 70. Geburtstag gewürdigt. Er habe nie gedacht, dass er mit Kretschmann einmal dieses Jubiläum im Neuen Schloss in Stuttgart feiere, sagte der frühere Außenminister Joschka Fischer (Grüne) am Donnerstag. "Es ist eigentlich unfassbar, was Du hinbekommen hast", sagte Fischer, der selbst seit gut einem Monat 70 Jahre alt ist. Kretschmann ist der erste grüne Ministerpräsident in Deutschland - und regiert in der zweiten Amtszeit mit der CDU als Juniorpartner.

Der CDU-Politiker und EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger, selbst früher einmal Regierungschef im Südwesten, bescheinigte Kretschmann ein «großes Lebenswerk». Er habe größten Respekt vor dem dienstältesten Landtagsabgeordneten, der schon in der Opposition immer kollegial und sachlich gewesen sei. "Manchmal denke ich, Du bist konservativer als ich je werden will", sagte Oettinger.

AfD bleibt Feier fern

Der Geehrte selbst zeigte sich angesichts der Würdigungen und Glückwünsche der mehr 200 Gäste sichtlich gerührt. "Bei so viel Lob kann man froh sein, dass man katholisch und in Demut geübt ist", sagte Kretschmann in seiner Dankesrede. Alle Redner seien großzügig über seine Fehler und Schwächen hinweggegangen. Er hoffe aber, dass es nach der Feier wieder auch kritisch zugehe.

In jungen Jahren wollte Kretschmann nach eigenem Bekunden die Welt retten. Dann sei ihm aufgegangen, dass er das gar nicht könne. Seitdem geht der Grüne seine Ziele Schritt für Schritt an und im Wissen, dass es Vollkommenheit nicht gibt.

Kretschmann sei seit 1980 mit einer kurzen Auszeit im Landtag. Er sei der dienstälteste Abgeordnete und der einzige grüne Regierungschef, sagte Oettinger. Es gehe nicht um Kaviar und Champagner, sondern darum, dass man mit langjährigen Weggefährten von Kretschmann und vielen Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur zwei Stunden lang feiere. Das sei ein sehr vertretbarer Akt.

Winfried Kretschmann: Der Mensch hinter dem Politiker

Stuttgart - Man meint ihn zu kennen: Winfried Kretschmann (Grüne) ist Baden-Württembergs Ministerpräsident. Äußerliches Markenzeichen ist sein markanter Bürstenhaarschnitt. Es gibt aber auch weniger auffällige Merkmale, die Kretschmann ausmachen.

Beruf

Als Kind wollte er eigentlich Pfarrer werden. Die Zeit in einem strengen, katholischen Internat trug jedoch dazu bei, dass er seinen Berufswunsch änderte und Lehrer wurde.

Weltretter

In jungen Jahren wollte Kretschmann nach eigenem Bekunden die Welt retten. Dann sei ihm aufgegangen, dass er das gar nicht könne. Seitdem geht der Grüne seine Ziele Schritt für Schritt an und im Wissen, dass es Vollkommenheit nicht gibt.

Geistesblitz

In den 1980er Jahren plädierte Kretschmann im Landtagdafür, dass die Toilettenspülung zwei Knöpfe haben sollte - einen fürs große und einen fürs kleine Geschäft. Im Parlament stieß das damals auf Heiterkeit - heute ist diese Technik Standard.

Twitter

Dort ist er nicht selbst aktiv - er lässt Mitarbeiter in seinem Namen twittern. "Ich bin ein Altgrieche und Anhänger langer Sätze", bekannte er in einem Interview. "Mir würden sich die Haare sträuben, wenn ich meine Politik in 140 Zeichen erklären müsste."

Schweigen

Es kommt vor, dass Kretschmann mal keine Lust zum Reden hat. Dann schweigt er - manchmal auch zum Leidwesen seiner Frau.

Reisen

Kretschmann reist nicht besonders gerne - vor allem nicht, wenn er dabei mehrere Zeitzonen in kurzer Zeit überwinden muss.

Brillen

Kretschmann hat nur zwei Brillen, aber mit austauschbaren Bügeln. "Ich habe auch schon an ein und derselben Brille zwei unterschiedliche Bügel gehabt", erklärte er. "Aber nur an Fastnacht."

Geburtstage

Die sollte man nach Kretschmanns Meinung nicht überbewerten. "Geburtstage hat jede Kuh", sagte er zu seinem 65. Geburtstag. Nun ergänzte er: "Aber nicht jede Kuh wird 70."