Das Team Stuttgart von Stuttgart Surge spielt am Sonntag um den Titel in der European League of Football. „Wir wollen gewinnen“, sagt der Coach Jordan Neuman – über den viele sagen, er sei der größte Trumpf der Stuttgarter. Warum eigentlich?
Wie dieses Endspiel am kommenden Sonntag (15.30/Pro Sieben) laufen wird? Schwer zu sagen – aber zwei Dinge scheinen sicher. Das Düsseldorfer Team von Rhein Fire geht als klarer Favorit in das Championship Game der European League of Football (ELF). Und: Beim Versuch von Stuttgart Surge, trotz des vermeintlich übermächtigen Gegners die große Überraschung zu schaffen, wird es an der Finalerfahrung des Trainers nicht scheitern.
Jordan Neuman heißt der Mann, den das Stuttgarter Franchise-Team der ELF Ende 2022 angeheuert hat – um in der Landeshauptstadt das fortzuführen, was er zuvor in Schwäbisch Hall auf die Beine gestellt hatte. Sechs Jahre lang war der US-Amerikaner Cheftrainer bei den dortigen Unicorns, von 73 Partien hat er nur zwei verloren, fünfmal stand er im Finale um den German Bowl (den die Unicorns dreimal gewannen), zweimal im Endspiel der Central European Football League (CEFL) – beide Male siegte das Team aus Schwäbisch Hall. „Jordan ist sehr zielgerichtet, hat sehr klare Vorstellungen – die er entschlossen verfolgt“, sagt Siegfried Gehrke. Und der muss es wissen.
Schon im Jahr 2005 kreuzten sich erstmals die Wege von Neuman und Gehrke. Der Sportdirektor der Unicorns holte den damals aktiven Footballer nach Schwäbisch Hall – und erinnert sich: „Wir haben ihn als Back-up für unseren anderen amerikanischen Quarterback geholt.“ Lange füllte Neuman diese Rolle allerdings nicht aus: „Er wurde dann sehr schnell unser Starting-Quarterback.“ Und stieg nach der aktiven Karriere auch nach und nach in die Arbeit als Trainer ein.
2009 und 2010 war der heute 40-Jährige als Assistenzcoach in Schwäbisch Hall tätig, danach drei Jahre in gleicher Funktion bei den Vikings in Wien – ehe er 2014 zurück zu den Unicorns ging, bei denen er 2016 Headcoach wurde. Und seine beispiellose Erfolgsserie startete. Doch nicht nur der Liste der Erfolge wegen sagt Suni Musa: „Für die Spieler, seine Jungs, ist er der absolute Maßstab.“
Neuaufbau in Stuttgart
Musa ist der Geschäftsführer von Stuttgart Surge – dem im Herbst 2022 klar war, dass in der Landeshauptstadt etwas Grundlegendes passieren muss. 2021 begann in Stuttgart das Abenteuer ELF, im Jahr darauf verlor das Surge-Team alle seine Spiele. Dann verpflichtete Musa den Erfolgstrainer aus Schwäbisch Hall.
Weil nicht nur der Coach den Weg nach Stuttgart antrat, sondern auch zahlreiche Spieler aus der German Football League (GFL) in die ELF abwanderten, gab es mächtig Unruhe rund um diese Wechsel innerhalb Württembergs. „Wie es damals gelaufen ist, damit war ich nicht glücklich“, sagt auch Gehrke, der aber grundsätzlich verstehen konnte, dass Spieler und Trainer einen Schritt nach vorne machen wollten.
Über das Level der ELF gegenüber der GFL gibt es zwar unterschiedliche Ansichten, mit Blick auf den Verlauf der bisherigen Saison lässt sich aber durchaus sagen: Einen Fehler hat keiner gemacht, der von Schwäbisch Hall nach Stuttgart gewechselt ist. Am Sonntag stehen Neuman und seine Spieler im Endspiel, das medienwirksam inszeniert und in Duisburg von rund 30 000 Zuschauern besucht werden wird. „Dass Jordan Neuman sein Team ins Finale geführt hat, hat mich am Ende nicht mehr überrascht“, sagt Siegfried Gehrke, dessen Unicorns am Samstag im GFL-Viertelfinale spielen.
Spezielles Teamgefüge
Was den Coach so erfolgreich macht? „Er beherrscht es sehr gut, ein Team zu formen“, sagt Gehrke. Und genau diese Fähigkeit hebt auch Suni Musa hervor. „Er achtet auf minimale Empfindungen der Spieler und kümmert sich sehr um das Teamgefüge“, sagt der Surge-Geschäftsführer. Dabei sei der Texaner auf ein harmonisches Zusammensein bedacht, was ihn aber nicht davon abhalte, seinen Plan klar zu verfolgen: „Er weiß, was er tut, und für die Spieler gibt es nichts infrage zu stellen.“
Jordan Neuman selbst sagt über sein Teambuilding in Stuttgart: „Wir haben die Kultur verändert.“ Und Spieler geholt, die zu dieser „passen“. Herausgekommen sei ein Team, sagt Musa, in dem sich jeder auf den anderen verlassen könne. Und das am Sonntag Großes erreichen kann. Entsprechend redet der Coach seine Spieler vor dem Finale auch stark.
Eine „Außenseiter-Mentalität“ jedenfalls will er erst gar nicht sehen bei seinem Team. Sondern ein selbstbewusstes Auftreten. „Das ist das, weshalb die Jungs nach Stuttgart gekommen sind“, sagt Jordan Neuman, „dass wir solche Spiele nicht nur anschauen, sondern mitspielen.“ Sein Ziel: „Wir wollen unser bestes Football spielen und das Finale gewinnen.“ Wie das funktioniert, weiß er ja bestens.