Eine Ringelnatter ieht gefährlich aus Foto: StN

Auf der Waldebene Ost erschreckt eine 1,20 Meter lange Schlange so manchen Kleingärtner.

Stuttgart - Kontakt mit Schlangen gibt es in Stuttgart an der Kasse im Supermarkt und im Berufsverkehr. Doch auf der Waldebene Ost erschreckt jetzt ein etwa 1,20 langes Exemplar Spaziergänger und Kleingärtner. "Kein Grund zur Sorge", meint Walter Kroll, Tierpfleger in der Wilhelma.

Befürchtungen, es könne sich bei dem Reptil, das sich über einen Waldweg bei den Schrebergärten in der Waldebene schlängelte und im Unterholz verschwand, um ein Ungeheuer wie das von Loch Ness handeln, schließt Schlangenexperte Kroll definitiv aus. Das dunkle fast schwarze Grün, die Länge von 70 Zentimetern bis 1,50 Meter und die gelben Halbmonde rechts und links am Kopf weisen eindeutig auf eine Natrix natrix, eine Ringelnatter hin. "Das ist die einzige Schlangenart, die in Stuttgart vorkommt. Am Neckarufer in Wangen gab's mal Schlingnattern. Aber die sind weg", sagt Kroll.

Im Mai und Juni treibt sich die Natrix natrix mit Vorliebe in Schrebergärten rum - auf der Suche nach Komposthaufen für die Eiablage. Etwa acht Wochen dauert es, bis die kleinen Nattern aus den 30 bis 40 Eiern pro Gelege schlüpfen. Mit dem Ergebnis, dass in der Zeit viele Kleingärtner entsetzt Alarm schlagen und bei der Polizei oder der Wilhelma anrufen. Manche glauben, dass die Tiere aus einem Terrarium ausgebüxt sind. Andere fürchten, sie könnten giftig sein. "Ringelnattern sind ungiftig und absolut harmlos. Dass im Gartenteich ein paar Goldfische fehlen, ist das Schlimmste, was passieren kann", gibt Kroll Entwarnung.

Ringelnatter ist auf der roten Liste

Ringelnattern sind hervorragende Schwimmer und ernähren sich vor allem von Fischen, Fröschen und Kaulquappen. Deshalb leben sie am liebsten dort, wo es feucht ist und Tümpel oder Teiche in der Nähe sind. Den besorgten Kleingärtnern rät Kroll, die Reptilien "zu ignorieren". Denn sobald sie sich bedroht fühlten, würden sie sich auf den Rücken drehen, tot stellen und aus der Afterdrüse ein Sekret absondern, um Feinde zu vertreiben. "Das Zeug stinkt wie tausend tote Fische. Der Gestank ist auch mit Seife nicht wegzukriegen."

Dass Spaziergänger und Jogger auf Ringelnattern treffen, kommt laut Kroll selten vor. Denn die Reptilien bemerken jede Erschütterung und flüchten sofort. "In Japan werden Ringelnattern in Terrarien gehalten und zur Erdbebenvorhersage eingesetzt. Noch bevor der Seismograf ausschlägt, werden sie unruhig", sagt Kroll. Die leisesten Vibrationen erspüren sie mit dem Unterkiefer, der meist auf dem Boden liegt.

Wie viele Ringelnattern es in der Landeshauptstadt gibt, lässt sich schwer schätzen. "Vermutlich sind es mehr als man annimmt", sagt Kroll und geht von "ein paar Tausend Exemplaren" in Stuttgart aus. Da sie immer weniger Lebensraum finden und der Bestand zurückgeht, ist die Ringelnatter in die Rote Liste der bedrohten schützenswerten Tiere aufgenommen. Ihre natürlichen Feinde sind Raubfische, Störche, Kormorane, Greifvögel und Krähen. Wenn die ihnen nicht in die Quere kommen, können sie etwa 20 Jahre alt werden.

In Baden-Württemberg gibt es nur noch sechs Schlangenarten: Neben den ungiftigen Schling-, Ringel-, Würfel- und Aeskulapnattern sind das die giftige Aspisviper und Kreuzotter. Die Kreuzottern sind laut Kroll auf der Alb und in Enzklösterle zu finden. Bei Kindern, Hunden, aber auch älteren Menschen kann ihr Gift tödlich wirken. Bei gesunden Erwachsenen ist eine Calciumspritze wirksames Gegenmittel.