Zwerge beim Lieblingsessen in der Kita: Kartoffeleintopf. Foto: dpa

Die Referate für Finanzen und Verwaltung schlagen ein Anreizsystem vor, um Erzieherinnen gewinnen zu können. Ihre 100-Euro-Zulage stößt auf keinen nennenswerten Widerstand bei den Fraktionen und erntet Zustimmung bei der Wirtschaftsregion Stuttgart.

Stuttgart - Rund 800 Stellen muss Stuttgart für Erzieherinnen schaffen, wenn alle Kindertagesstätten so ausgebaut sind, wie es der Gemeinderat beschlossen hat und beschließen wird. Weil viele Frauen nur in Teilzeit arbeiten, geht die Verwaltung sogar von einem Bedarf von 1200 Erzieherinnen und Erziehern aus. Damit Stuttgart im Wettbewerb mit den Kommunen im Umland bestehen kann, will die Verwaltung das Gehalt der Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen um monatlich 100 Euro aufstocken. Die Zulage soll befristet für drei Jahre gewährt und danach um jährlich 25 Euro abgeschmolzen werden. Sie ist als Anreiz gedacht, trotz hoher Lebenshaltungskosten in die Stadt zu kommen.

Aus den Entgelttabellen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst geht hervor, dass Erzieherinnen beim Berufseinstieg seit 1. August 2013 etwa 2200 Euro verdienen, nach mehreren Berufsjahren 2600 Euro, bei Leitungsfunktionen in der letzten Tarifstufe bis zu 4200 Euro. Kinderpflegerinnen verdienen als Anfängerinnen 1900 Euro, in der letzten Stufe 2500 Euro. Weil die meisten Frauen in Teilzeit arbeiten, bleibt netto oftmals nur ein Betrag übrig, der es nicht erlaubt, hohe Mieten und Lebenshaltungskosten zu bestreiten.

„Wir müssen uns im Wettbewerb um gutes Personal behaupten“, sagt Iris Ripsam (CDU). Die Stadträtin plädiert für eine pragmatische Lösung, um die vielen offenen Stellen in Stuttgart zu besetzen; um die richtige Lösung werde in der nächsten Fraktionssitzung diskutiert. In welcher Höhe die Erzieherinnen künftig bessergestellt werden sollen, müsse sich an den Eckdaten zum Haushalt orientieren. Sie werden dem Verwaltungsausschuss am Mittwoch vorgelegt. „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“, sagt Rose von Stein (Freie Wähler) und hält deshalb Sonderaktionen für angemessen.

„Wir sind uns einig, dass es Verbesserungen geben muss“

„Unsere Fraktion hat sich noch keine abschließende Meinung gebildet“, sagt Thekla Walker, Stadträtin der Grünen. Klar sei, dass die Stadt ein Signal geben müsse, um Erzieherinnen gewinnen zu können. „Wir haben ja schon oft besprochen, dass deren Arbeit komplexer und schwieriger geworden ist und sich dies auch im Gehalt widerspiegeln muss“, sagt sie. Hinzu käme die Sorge, dass man im Konkurrenzkampf etwas anzubieten haben müsse. „Wir sind uns einig, dass es Verbesserungen geben muss.“

Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) hat in allen Diskussionen stets gegen eine prozentuale Erhöhung und für einen einheitlichen Sockelbetrag plädiert: „Den Leuten mit niedrigem Einkommen nützt ein Festbetrag mehr als eine kleine prozentuale Erhöhung ihres kleinen Gehalts.“ Und mit Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) war eine Einigung in der Frage der Zulage vermutlich eher zu erzielen, weil sie nicht ewig währt.

Die nächsten Tarifverhandlungen stehen für Ende Februar an. Die Gewerkschaft Verdi hat sich gestern nicht geäußert. Für Iris Ripsam ist eine Tariflösung allein keine Lösung: „Wir müssen einen anderen Weg gehen, die Welt hier ist eine andere als im Norden Deutschlands.“

Für Helmuth Haag, den Sprecher der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart, ist es folgerichtig, dass die Stadt „auf der Einkommensseite der Erzieherinnen was macht“. Bisher seien sie nicht sehr gut bezahlt, „wir brauchen für unseren Ballungsraum aber attraktive Bedingungen.“ Haag meint damit gute Voraussetzungen für Firmen und Arbeitnehmer: „Die qualitätsvolle Kinderbetreuung ist ein wichtiger Standortfaktor. Nur wer für sein Kind eine gute Betreuung hat, kann berufstätig sein.“