Als Art Parade demonstrierte die Kultur 2009 bunt und laut gegen Einsparungen der Stadt. 16 Jahre später ruft die Kulturszene erneut zur Demonstration auf. Warum?
Laut, bunt und mit einem starken Signal der Gemeinsamkeit – so präsentierte sich Stuttgarts Kulturszene 2009 bei der Art Parade. Die Demonstration gegen die seinerzeit von der Stadt Stuttgart verordneten Kürzungen in der Kulturförderung könnte sich nun wiederholen. Bunt und schillernd aber dürfte es dabei weniger zugehen. Viele Kultureinrichtungen in der Landeshauptstadt sehen sich durch die Pläne der Stadt, bei den insgesamt notwendigen Einschnitten die Kultur nicht auszunehmen, in ihrer Existenz bedroht. Am 8. November will man demonstrieren.
Mehr noch: Hilde Domins Zeilen „Nicht im Stich lassen, sich nicht und andere nicht! Das ist die Mindestutopie, ohne die es sich nicht lohnt, Mensch zu sein.“ sind der Impuls für eine Aktionswoche mit klarer Botschaft: „An Kultur, Bildung und Sozialem zu sparen, kostet viel zu viel.“ Das Zitat soll wohl deutlich machen, dass es bei den Kulturakteurinnen und Kulturakteuren um mehr geht als um das Interesse an der nächsten Aufführung oder der nächsten Ausstellung. Gemeinsam der Gewerkschaft ver.di und weiteren Akteuren „aus Bildung und Sozialem“ will man am 8. November auf die Straße gehen – „im Rahmen der Kundgebung und Demonstration ,Kommunen am Limit – Demokratie am Abgrund’“. Die Verantwortlichen betonen: „Gemeinsam wollen wir solidarisch für eine gerechte kommunale Finanzierung streiten“.
Der Protest sorgt für eine schillernde Allianz: zu den Unterzeichnenden des Demonstrationsaufrufs für den 8. Nobember zählen die Verantwortlichen des Württembergische Kunstverein Stuttgart, des Kunstvereins Wagenhalle, des Künstlerhaus Stuttgart, des Deutsch-Türkischen Forums Stuttgart, der Freien Tanz- und Theaterszene sowie der Solidargemeinschaft Stuttgarter Theater. Und gemeinsam betonen sie: „Oft sind es schon kleine Kürzungsbeträge, die das Aus bedeuten. Und wo jahrelange Aufbauarbeit, oftmals unter ohnehin schon prekären Bedingungen stattgefunden hat, wächst so schnell nichts nach, wenn diese aufgeben müssen. Drohende Insolvenzen sind real. Die Attraktivität der Landeshauptstadt ist damit gefährdet. Das ist nicht abstrakt. Denn jeder kommunale Euro wird von Kulturakteur*innen vermehrt, durch die Akquise weiterer Mittel. Diese Mittel fließen in die Landeshauptstadt Stuttgart, sichern Existenzen, zahlen Mieten.“
Kulturakteure fordern: Kürzungen weiter begrenzen
Die Kulturakteurinnen und Kulturakteure verweisen noch auf einen anderen Punkt. „Der Anteil des Kulturförderetats (49 Millionen Euro) mache „im Verhältnis zum Gesamthaushalt (5,4 und 5,8 Mrd in 2024 und 2025) bisher weniger als ein Prozent aus“. Die Konsequenz erinnert an einen Satz des einstigen CDU-Ministerpräsidenten Günter Oettinger: „Mit Kürzungen wäre im Hinblick auf den Gesamthaushalt finanziell nichts zu gewinnen, für die Kultur jedoch viel zu verlieren“. Mehr noch: Die Theaterbetriebe, „unverzichtbare Orte der gesellschaftlichen Aushandlung zukunftsfähiger und demokratischer Konzepte“. Das Fazit der Kulturmacherinnen und Kulturmacher ist klar: „Wir fordern daher, die Kürzungen im Doppelhaushalt 26/27 weiter zu begrenzen, um einen nachhaltigen Schaden an der Stadt Stuttgart abzuwenden“.