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Mitglieder sollen künftig generell über ein Versorgungswerk fürs Alter abgesichert werden.

Stuttgart - Es dürfte der vorerst letzte Akt in einem langen Gezerre um die Altersvorsorge für Abgeordnete sein: An diesem Mittwoch will der Landtag beschließen, dass seine Mitglieder künftig generell über ein Versorgungswerk fürs Alter abgesichert werden.

Fragen und Antworten zu einem heiklen und komplizierten Thema: Wie haben Abgeordnete früher für ihr Alter vorgesorgt? Früher erhielten Abgeordnete eine staatliche Altersvorsorge (Pension). Mit der Reform, die 2011 in Kraft trat, wurde das hinfällig. Stattdessen mussten Abgeordnete, die neu in den Landtag kamen, selbst für ihr Alter vorsorgen. Deshalb wurden die Diäten um ein Drittel angehoben. Die Abgeordneten erhalten zudem monatlich eine Pauschale für die Altersvorsorge - das sind derzeit 1805 Euro - zusätzlich zu ihrer Diät von derzeit 8210 Euro im Monat.

Warum gab es daran Kritik? Die jüngeren Abgeordneten haben bemerkt, dass sie mit ihrer privaten Altersvorsorge schlechter fahren als ihre Kollegen mit der staatlichen Pension - ein Grund sind die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt. Deshalb entschied der Landtag Anfang 2017 mit den Stimmen von Grünen, CDU und SPD, ihnen die Möglichkeit zu geben, auch eine Staatspension zu bekommen. Es gab einen öffentlichen Aufschrei - der Steuerzahlerbund sprach von einer "Luxus-Altersversorgung". Kurze Zeit später hob der Landtag das beschlossene Gesetz wieder auf. Wie ging es dann weiter? Es wurde ein Bürgerforum eingesetzt, um Alternativ-Vorschläge zu erarbeiten.

Das Ergebnis: Die Bürger sprachen sich gegen Staatspensionen für Abgeordnete aus und nannten die Möglichkeit, in ein Versorgungswerk einzuzahlen. Eine unabhängige Kommission votierte mehrheitlich für den Beitritt zu einem Versorgungswerk. Dessen Mitglieder zahlen Pflichtbeiträge in eine auf sie zugeschnittene Variante einer solidarischen Versicherung.

Was sieht jetzt der Gesetzentwurf vor? Er sieht den Beitritt des Landtags zum bestehenden Versorgungswerk für die Abgeordneten der Landtage von Nordrhein-Westfalen und Brandenburg zum 1. Dezember des laufenden Jahres vor. Künftig werden von dem Vorsorgebeitrag der Abgeordneten in Höhe von monatlich 1805 Euro automatisch 1246 Euro ans Versorgungswerk abgeführt. Die Abgeordneten können freiwillig aber auch mehr einzahlen - bis hin zu einem Höchstbetrag von rund 3115 Euro. Verzinst werden die eingezahlten Beiträge derzeit mit rund 2,5 Prozent.

Für wen gilt die neue Regelung? Die Regelung soll automatisch für alle Abgeordneten gelten, die ab dem Jahr 2021 neu in den Landtag gewählt werden. Wer jetzt schon im Landtag ist, kann sich bis Ende April 2031 entscheiden, ob er die Regelung über das Versorgungswerk in Anspruch nehmen will. Langfristig gilt, dass jeder Abgeordnete seinen Mindestbeitrag von 1246 Euro ins Versorgungswerk einzahlt. Darüber hinaus kann ein Abgeordneter nach Auskunft der Landtags-Pressestelle auch freiwillig Geld in andere Formen der Altersvorsorge stecken.

Was haben AfD und FDP gegen den Beitritt zum Versorgungswerk? Die AfD will verhindern, dass sich immer mehr gut verdienende Bevölkerungsschichten aus dem Solidarsystem der gesetzlichen Rentenversicherung verabschieden. Ihrer Meinung nach sollten sich Abgeordnete gesetzlich versichern. Und die FDP bezweifelt, dass der Beitrag zum Versorgungswerk mehr bringt für den einzelnen Abgeordneten als die private Vorsorge. Zudem muss sich das Land an den Verwaltungskosten des Versorgungswerks mit 185.000 Euro im Jahr und an einer Verlustrücklage mit 1,2 Millionen Euro beteiligen. Das seien neue Belastungen, die aus Steuergeld gezahlt werden.

Wie bewerten Verbände die geplante Vorsorgeregelung? Auch der Steuerzahlerbund spricht wegen der Beteiligung an den jährlichen Verwaltungskosten und an der Verlustrücklage von einem "schalen Beigeschmack". Er empfiehlt dem Landtag trotzdem die Zustimmung zum Gesetzentwurf. Für den Sozialverband VdK ist hingegen klar: "Eine Altersvorsorge für Abgeordnete in der gesetzlichen Rentenversicherung wäre besser gewesen." Auch normale Bürger müssten privat zusätzlich vorsorgen, obwohl vielen dazu die Mittel fehlten. Jetzt eine komfortable Altersversorgung für Abgeordnete zu schaffen, sei völlig inakzeptabel und fördere die Politikverdrossenheit.