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Nach Simone Schimpf verlässt auch Eva Klingenstein das Kunstmuseum Stuttgart – Direktorin will neues Team im Mai 2013 präsentieren.

Stuttgart - Das Kunstmuseum Stuttgart bringt sich wieder einmal bundesweit ins Gespräch. Diesmal allerdings nicht mit einer Ausstellung. aufhorchen lässt eine am Mittwoch veröffentlichte doppelte Stellenanzeige. „Das Kunstmuseum Stuttgart sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine wissenschaftliche Kuratorin/einen wissenschaftlichen Kurator“. Nachdem für Daniel Spanke (ans Kunstmuseum Bern) bereits Sven Beckstette aus Berlin gekommen ist, muss nun die Nachfolge von Simone Schimpf (wird Direktorin des Museums für konkrete Kunst in Ingolstadt) gefunden werden.

Eine zweite Ausschreibung aber überrascht: „Das Kunstmuseum Stuttgart sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n Leiter/in für die Abteilung Kommunikation und Marketing“. Seit neun Jahren ist hier Eva Klingenstein aktiv. Bis in die jüngste Vergangenheit immer wieder bundesweit umworben, hat sie wesentlich das von Marion Ackermann (heute Direktorin der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf) bis 2008 und der heutigen Direktorin Ulrike Groos konzeptionell vorgegebene Außenbild des Kunstmuseums Stuttgart geprägt. Mehr noch aber: Da auch die beiden Mitarbeiterinnen Klingensteins das Haus verlassen, steht das Kunstmuseum in einem zentralen Bereich ohne Personal da.

Wer Klingenstein nachfolgt, muss Alleskönner sein

„Es stimmt“, sagt Eva Klingenstein auf Anfrage, „ich werde mich neu orientieren.“ Hat sie doch dem Werben anderer Museen und Stiftungen nachgegeben? Klingenstein lacht. „Nein, es sind rein persönliche Gründe. Nach neun ungemein spannenden Jahren im Kunstmuseum Stuttgart freue ich mich, mich wieder ganz dem eigenen Schreiben widmen zu dürfen.“ Die promovierte Literaturwissenschaftlerin und Historikerin sieht für „nun wieder breitere Themenfelder“.

Wer Klingenstein nachfolgt, muss Alleskönner sein – beginnend beim freundlichen Empfang besonderer Gäste über die Betreuung von Medienvertretern im In- und Ausland und die Präsentation der Kunstmuseumsprojekte auf internationalen Messen bis hin zur Pflege des multimedialen Kunstmuseumsauftritts und des Einwerbens von Sponsorengeldern.

Und wie bestellt, kann Eva Klingenstein am Mittwoch noch von unerwartetem Glück berichten. „Bei Sanierungsarbeiten im künftigen Museum Haus Dix in Hemmenhofen haben Handwerker im Keller des Hauses Original-Wandmalereien von Otto Dix entdeckt. Es handelt sich dabei um Zeichnungen, die der Künstler für ein Faschingsfest am 19. Februar 1966 angefertigt hatte.“ Ein Stück mehr Dix-Privatheit ist offengelegt – die beste Voraussetzung dafür, dass das Interesse am Museum Haus Dix rasch ansteigen wird. Im Juni 2013 soll das ehemalige Dix-Wohnhaus in Hemmenhofen als Museum unter dem Kunstmuseums-Dach übergeben werden. Und Stuttgarts Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU), zugleich Stiftungsratsvorsitzende des Kunstmuseum Stuttgart und Vorstandsmitglied der Otto-Dix-Haus-Stiftung, ist sicher, „dass die wieder entdeckten Originalzeichnungen zur Attraktivität des neuen Museums beitragen und von nächstem Jahr an viele Besucher in die Kunstmuseum-Dependance an den Bodensee locken werden“.

Die hoffnungsfrohen Worte Eisenmanns könnten indes auf die Stadt Stuttgart zurückfallen. Aufgaben wie das Dix-Haus oder die Erweiterung der Sammlungsaufgaben wie zuletzt durch die Übernahme der Anton-Stankowski-Stiftung binden erheblich Arbeitszeiten. Kaum vorstellbar, dass die Stiftung Kunstmuseum Stuttgart gGmbH weiter allein mit einem Wissenschaftler-Duo hinter der Direktorin auskommt. Mehr Geld für den laufenden Kunstmuseumsbetrieb ist jedoch kaum zu erwarten. Und für Modelle wie die einer von einer Stiftung getragenen Stelle braucht es viel Vorlauf. Wohl nur solche Partnerschaften aber scheinen überhaupt eine Chance zu bieten. Der Haushalt des Kunstmuseums weist gegenüber 2005 durch nicht aufgefangene Kostensteigerungen im Personalbereich einen deutlich engeren Spielraum aus. Bestätigen möchte dies auf Nachfrage niemand. Noch bindet das große Stühlerücken alle Kräfte im Kunstmuseum Stuttgart.