Foto: Wagner

Streit um Altbauten in Heslach scheint beigelegt - Gutachten spricht von maroden Zuständen.

Stuttgart - Im Bezirksbeirat Süd hat sich der Sturm der Entrüstung über die Pläne eines Wohnungsbauunternehmens, historische Arbeiterwohnbauten im Stadtteil Heslach durch Neubauten zu ersetzen, abgeschwächt. Auslöser dürften neue Gutachten über den baulichen Zustand der 1876 errichteten Gebäude in der Möhringer Straße 30 bis 36 sein, die der Bau- und Wohnungsverein Stuttgart als Immobilieneigentümer jetzt veröffentlichte.

Demnach wurden die Häuser, die nach Recherchen des Grünen-Beirats Wolfgang Jaworek als erstes Bauprojekt der Stuttgarter Gemeinnützigen Baugesellschaft von 1872 die älteste Stuttgarter Arbeiterwohnbauten darstellen, im einstigen Bett des Nesenbachs errichtet. Auf dem sandigen Untergrund kam es im Laufe der Zeit zu Setzungen. Erschütterungen durch Schwerlastverkehr, der bis zur Inbetriebnahme des Heslacher Tunnels durch die Möhringer Straße brauste, taten ein Übriges. "Überall gibt es Risse, tragende Balken sind durch. Die Bausubstanz ist völlig marode", schilderte Claus Fischer, technischer Leiter des Wohnungsvereins, den Beiräten am Dienstagabend.

"Wir wollen moderne Mietwohnungen zu bezahlbaren Preisen anbieten"

Zusammen mit ungünstigen Grundrissen, in den Wohnungen gibt es "gefangene" Zimmer, die nur durch andere Zimmer zugänglich sind, sehe man sich außer Stande, die Häuser zu erhalten. "Wir sind auch Kaufleute, die das Wohl des Vereins im Blick haben müssen", betonte Geschäftsführer Thomas Wolf. Im konkreten Fall würden die Statikprobleme eine Sanierung unwirtschaftlich verteuern. "Wir wollen aber moderne Mietwohnungen zu bezahlbaren Preisen anbieten", berief sich Wolf auf Eduard Pfeiffer, den Gründer des Wohnungsvereins. Der Bankier Pfeiffer, 1835 in Stuttgart geboren, engagierte sich als Sozialreformer für die Arbeiterklasse.

Grüne und SPD folgten nicht kritiklos den Abrissargumenten. Wenn es nach dem Bauverein ginge, wären Sanierungen alter Gebäude künftig prinzipiell unrentabel, wand Grünen-Beirätin Christine Blankenfeld ein. Mit der öko-sozialen Mehrheit wurde ein Antrag verabschiedet, die historische Heslacher Arbeitersiedlung in ihrer Sachgesamtheit zu bewahren. Zudem sei insbesondere das Gebäude Möhringer Straße 36 wegen seiner ornamentierten Klinkerfassade zu erhalten.

Geschäftsführer Wolf hatte zuvor angekündigt, mit Klinkerfassaden an den Neubauten an die historischen Vorbilder erinnern zu wollen. Details sollen im Planungsprozess definiert werden. Im vergangenen Jahr hatte das Gremium noch einstimmig gegen den Abriss der Gebäude plädiert, denen zuvor der Denkmalschutzstatus durch das Regierungspräsidium wegen zahlreicher Umbauten entzogen worden war.