In Stuttgart gibt es Hunderte Brunnen. Viele von ihnen werden mit Leitungswasser gespeist. Das freut besonders an heißen Tagen Passanten. Wasserverschwendung ist das nicht, sagt die Stadt. Sie will das Brunnenbudget sogar erhöhen.
Stuttgart - Samstagmittag auf der Königstraße. Die Sonne scheint und Hunderte Besucher kommen beim Einkaufsbummel ins Schwitzen. Gut, dass es Brunnen gibt, an denen man seinen Durst stillen kann, denken sich viele. Zum Beispiel auf der oberen Königstraße.
Dort, wo seit 2008 ein Brunnen steht, der aus zwei silberfarbenen Stelen besteht, die sich einen Wasserstrahl zuspielen, bildet sich an vielen Tagen eine meterlange Schlange.
Stuttgarts Bürger freuen sich über das kostenlose Wasser, trotzdem wird auch manch kritische Stimme laut: „Eigentlich ist das schon Wasserverschwendung, wenn man darüber nachdenkt, dass der Brunnen den ganzen Tag läuft und Kinder in Afrika nichts zu trinken haben“, sagt der Stuttgarter Christian Egeler, der selbst gerade seinen Durst gestillt hat.
Tatsächlich läuft der Brunnen, den die Landeswasserversorgung gespendet hat, in den Sommermonaten 24 Stunden am Tag. Die Stiftung Stuttgarter Brünnele erklärt, warum: „Der Brunnen läuft auch nachts, weil er anregen soll, dass die Jugend Wasser trinkt und nicht Alkohol“, sagt Peter Haller von der Stiftung. „Das ist eine lobenswerte Initiative.“
720 Liter Wasser fließen pro Stunde von einer Stele in die andere, sagt Dagmar Uhl von der Landeswasserversorgung: „Allerdings kann man nicht von Wasserverschwendung sprechen. Deutschland ist ein wasserreiches Land, in dem übermäßiges Wassersparen unnötig und geradezu kontraproduktiv ist.“
Offiziell gibt es keine Trinkwasserbrunnen
In Stuttgart gibt es 250 Brunnen und Wasserspiele, die öffentlich zugänglich sind. 220 davon verwaltet die Stadt selbst. Die restlichen 30 unterstehen dem Land Baden-Württemberg und der Energie Baden-Württemberg (EnBW). Trinkwasserbrunnen gibt es offiziell aber nicht. „Wir haben Brunnen mit einem ‚Kein Trinkwasser‘-Schild und Brunnen, die gar nicht gekennzeichnet sind“, erklärt Jürgen Mutz vom Tiefbauamt.
55 Wasserspender laufen im Umlaufbetrieb und sind deshalb zum Durststillen strengstens verboten. Dass die Stadt keine Trinkwasserbrunnen kennzeichnet, liege daran, dass diese einer strengen hygienischen Kontrolle unterliegen. Das Leitungswasser ist zwar sauber, enthält aber im schlimmsten Fall Bakterien. „Deshalb laufen die meisten Brunnen auch durchgehend“, sagt Mutz, „denn dann können sich nicht so leicht Keime bilden.“
Insgesamt gibt es trotzdem etwa 20 Brunnen, die mit einem Wasserschalter versehen sind, erläutert Peter Haller von der Stiftung Stuttgarter Brünnele: Die würden meist dann eingebaut, wenn Brunnen in den Vororten restauriert werden müssten.
Die Stadt achtet also auch darauf, nicht ständig unnötig Leitungswasser laufen zu lassen. „Außerdem haben wir in der Stadt auch 15 Mineral- und fünf Quellbrunnen“, sagt Haller. Der Nutzen liege also deutlich höher als der Wasserverbrauch, sagen alle Beteiligten. Und auch die Bürger freuen sich: „Klar ist das Angebot toll“, sagt Passant Christian Egeler auf der Königstraße. „Ich komme sogar jeden Tag hierher und trinke. Das ist bestes Trinkwasser für die Mittagspause.“
Posten im Haushalt würde um ein Drittel steigen
Der Brunnen, den die Landeswasserversorgung auf der Königstraße gespendet hat, kostet die Stadt nichts. „Die EnBW zahlt das Wasser“, erläutert Dagmar Uhl. Bei den vielen Wasserspendern, die die Stadt speist, summieren sich die Kosten für Instandhaltung, Sanierung und Neubau. „Und es kommen kontinuierlich neue dazu, weil wir bei neu gestalteten Plätzen oft auch Brunnen einplanen“, sagt Technikbürgermeister Dirk Thürnau.
810.000 Euro pro Jahr stehen im städtischen Haushalt für den Betrieb zur Verfügung. „Da die Kosten ständig steigen, haben wir in den letzten Jahren die Betriebszeit von sieben Jahren auf fünfeinhalb Jahre reduziert“ sagt Thürnau. Eine unerfreuliche Entwicklung, der der Bürgermeister entgegenwirken will. „Die Haushaltsmittel sollen erhöht werden“, berichtet er. In den anstehenden Haushaltsberatungen will er darüber diskutieren. 1,23 Millionen Euro hat sein Ressort für einen ordnungsgemäßen Betrieb der Brunnen angemeldet. „Das ist ein Mehrbedarf von 420.000 Euro“, sagt Thürnau. Der Posten im Haushalt würde also um ein Drittel steigen.
Eine Menge Geld, die die Stadt für ihre Brunnen zur Verfügung stellen würde.Freuen würde das nicht nur die Bummler und Einkäufer auf der Königstraße. „Wir müssen für solche Initiativen dankbar sein, die uns schöne Brunnen in unserer Stadt ermöglichen“, sagt auch Peter Haller von der Stiftung Stuttgarter Brünnele. Sollte der Antrag auf Erhöhung des Budgets durchgehen, braucht er sich erst mal keine Sorgen mehr um das fließende Wasser in der Stadt zu machen.
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