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Ministerriege für die bundesweit erste grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg ist komplett. Mit Kommentar

Stuttgart/Balingen - Sie ist das Ass, das die CDU noch im Ärmel hatte: Die Balingerin Nicole Hoffmeister-Kraut wird überraschend neue Wirtschaftsministerin. Bei den Arbeitgebern wird gejubelt. Die Gewerkschaften indes hätten sich noch mehr Frauen im Kabinett gewünscht.

Die Ministerriege für die bundesweit erste grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg ist komplett. Grüne und CDU haben gestern ihr gemeinsames Regierungsteam präsentiert und sich gleichzeitig im Landtag neu aufgestellt.

Als bemerkenswertester Coup gilt dabei die Nominierung der Unternehmerin Nicole Hoffmeister-Kraut (Waagenhersteller Bizerba) zur Ministerin für Wirtschaft und Arbeit. Denn die CDU-Politikerin und promovierte Ökonomin war gerade erst ins Parlament gewählt worden.

Die Südwest-Arbeitgeber bescheinigten der dreifachen Mutter "ideale Voraussetzungen für dieses Amt". CDU-Landeschef Thomas Strobl, der das Innenressort übernimmt und Stellvertreter von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wird, betonte, Hoffmeister-Kraut sei mit der mittelständischen Südwest-Wirtschaft bestens vertraut und überdies fest im ländlichen Raum verwurzelt.

Neu in ihren Ämtern sind auch Edith Sitzmann (Finanzen, Grüne), Manfred Lucha (Soziales, Grüne), Susanne Eisenmann (Kultus, CDU) und Guido Wolf (Justiz und Europa, CDU). Dass Wolf außerdem der Bereich Tourismus zugeschlagen wurde, löste bei Richtern und Staatsanwälten gestern umgehend Protest aus. Sie wittern darin eine "Geringschätzung der Aufgaben der Justiz".

Peter Hauk (CDU) kehrt ins Landwirtschaftsministerium zurück, das er bereits zwischen 2005 und 2010 führte. Theresia Bauer (Wissenschaft, Grüne), Franz Untersteller (Umwelt, Grüne) und Winfried Hermann (Verkehr, Umwelt) bleiben an der Spitze ihrer Ressorts.

Zu einem Eklat kam es am Nachmittag in der CDU-Fraktion. Nach Informationen unserer Zeitung gab es bei einer Probeabstimmung zur morgigen Wahl von Ministerpräsident Kretschmann acht Nein-Stimmen sowie fünf Enthaltungen. Bei einer zweiten Probe wenig später gab es drei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen – offenbar die Quittung einiger Parlamentarier für Strobls Kabinettsliste.

Kommentar: Komplementär

Von Hans-Peter Schreijäg

Wow, die CDU! Den Überraschungseffekt der grün-schwarzen Regierungsbildung heben sich die Christdemokraten für das Wirtschaftsministerium auf. Dabei hat Nicole Hoffmeister-Kraut weder die parteipolitische Ochsentour hinter sich, noch kommt sie aus dem Scheinwerferlicht. Die Balingerin ist vielmehr der Typ politischer Seiteneinsteiger, ein Naturtalent, wirtschaftsnah, aber auch Familienmensch. Gestern jedoch hat ihre Nominierung fast ein wenig den Kretschmanns und Strobls die Schau gestohlen. Die Bewährung für die Unternehmerin kommt freilich erst noch. Für das neue Bündnis ist dieser schwarze Punktgewinn jedenfalls ein gutes Zeichen. So kann es mit Grün-Schwarz etwas werden. In bloßer Regierungsroutine darf das Bündnis nicht ermatten. Wie Komplementärfarben können vielmehr beide Seiten ihre Wirkung gegenseitig steigern.