Der neue Tiefbahnhof solle Ende 2025 fertig sein. Dann werden die alten Gleisanlagen abgebaut. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Stuttgarter Netz AG will die alten Gleisanlagen am Hauptbahnhof weiter betreiben und klagt den Kauf ein. Das letzte Wort haben Richter in Leipzig.

Stuttgart - Muss die Deutsche Bahn AG den Verkauf oder die Verpachtung ihrer bisherigen Gleisanlagen am Stuttgarter Hauptbahnhof ausschreiben? Nach der Inbetriebnahme des neuen Tiefbahnhofs beim Projekt Stuttgart 21 soll die alte Infrastruktur abgebaut werden. Die Stadt hat die Grundstücke längst für den Wohnungsbau erworben. Von den Bahnanlagen bliebe nur der sanierte, stark veränderte Bonatzbau als Portal zum Tiefbahnhof übrig. Den Gleisabbau will die Stuttgarter Netz AG verhindern. Am Donnerstag kommender Woche entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in letzter Instanz über deren Klage.

Die im August 2011 gegründete Netz AG, der kleinere Eisenbahnunternehmen, Privatpersonen und als größter Aktionär der Verein zur Förderung des Schienenverkehrs angehören, hat das Eisenbahn-Bundesamt (Eba) verklagt. Die Behörde soll der Bahn AG den Abbau der Gleisanlagen in Stuttgart untersagen, wenn für diese nicht zuvor ein Stilllegungsverfahren eingeleitet wurde. Darin müsste die Bahn nach Paragraf 11 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) den Verkauf oder die Verpachtung ausschreiben. Dabei wäre der Ertragswert „angemessen zu berücksichtigen“, heißt es im Gesetz.

Außerdem im Video: Die zehn wichtigsten Fakten zu Stuttgart 21.

Erste Runde ging an Eba und Bahn

In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart die Klage der Netz AG im August 2016 als unzulässig abgeschmettert (13 K 2947/12), aber die sogenannte Sprungrevision nach Leipzig zugelassen. Die Infrastruktur in Stuttgart werde nicht stillgelegt, wie in Paragraf 11 beschrieben, sondern nur umgebaut, so die Richter. Die Bahn müsse den Verkauf daher nicht ausschreiben, sondern kann nach Paragraf 18 AEG ein Planfeststellungsverfahren für den Rückbau einleiten. In diesem könne die Netz AG ihr Interesse geltend machen.

AG-Vorstand Rainer Bohnet hofft, dass die Leipziger Richter den Sachverhalt anders bewerten. Bei der Planfeststellung müsse die Bahn nicht abklären, ob jemand die Infrastruktur übernehmen wolle. „Uns bliebe nur, gegen den Rückbau Einspruch einzulegen“, beschreibt Bohnet die dann schwächere Position der Netz AG. Gleise, Weichen und Stellwerk könnten bis zur Entscheidung lange außer Betrieb sein, die Wiederinbetriebnahme viel Geld kosten.

Kläger: Tiefbahnhof reicht nicht aus

„Wir haben ein ernsthaftes verkehrspolitisches Anliegen. Wir glauben nicht, dass der Tiefbahnhof den zusätzlichen Schienenverkehr aufnehmen kann, den wir künftig für Stuttgart brauchen“, so Bohnet. Ein deutliches Wachstum sei nötig. Das könne auch über neue Anbieter wie zum Beispiel Flixtrain auf den bisherigen Gleisen erfolgen. Auch die Unternehmen, die im Auftrag des Landes den Regionalverkehr fahren, hätten laut Bohnet dann eine Wahlfreiheit. Sie könnten Stuttgart ober- oder unterirdisch ansteuern.