Vorne die S-Bahn, hinten die Gäubahn. Der Umstieg in Vaihingen droht ab Mai 2026 Wirklichkeit zu werden. Foto: Jürgen Lück

Das Datum für die Kappung der Gäubahn in Stuttgart steht. Doch kommt es dazu? Warum sogar die Deutsche Bahn jetzt offenbar am Pfaffensteigtunnel zweifelt.

Gerade läuft es auf der Gäubahn zwischen Horb und Stuttgart Hauptbahnhof wohl reibungslos. Doch in Zukunft könnte es ein großes Chaos geben. Das legt eine Vorlage der Deutschen Bahn an den Aufsichtsrat nahe.

 

Dabei geht es nicht nur um die Abschmelzung der Finanzpolster in der Planung, die beispielsweise das Bahnhofsgebäude – den Bonatzbau – in Stuttgart betreffen. Sondern auch um den Pfaffensteigtunnel. Offenbar zweifelt die Deutsche Bahn daran, dass er überhaupt gebaut wird.

Bisher ist geplant, dass die Gäubahn zum Hauptbahnhof gekappt wird. Jetzt gibt die DB Infra Go auch in einer Präsentation den genauen Kappungstermin bekannt: Demnach soll die Kappung am 22. April 2026 sein. Um 21 Uhr. Obwohl der Oben-Bahnhof bis Ende 2026 neben dem Tiefbahnhof in Stuttgart betrieben werden soll – nach bisheriger Planung.

Hier nennt die DB Infra Go den genauen Termin der Gäubahn-Kappung: 22. April 2026, 21 Uhr. Die Gegner haben immer mehr Hoffnung, die Kappung zu stoppen. Foto: DB Infra Go AG

Ab dann müssen die Gäubahn-Fahrgäste in Vaihingen in die S-Bahn umsteigen, um zum Hauptbahnhof zu kommen. Die S-Bahn-Verlängerung bis Horb, die ohne Umsteigen bis zum Hauptbahnhof Stuttgart führt, kommt dann erst zum Fahrplanwechsel im Dezember. Eine Sprecherin des Verkehrsministeriums: „Eine Inbetriebnahme der S1 bis nach Horb ist zum großen Fahrplanwechsel im Dezember 2026 geplant. Zwischen der geplanten Kappung der Gäubahn am Hauptbahnhof im Mai 2026 und der geplanten Inbetriebnahme von Stuttgart 21 im Dezember 2026 soll es noch diverse Sperrungen geben, weswegen ein stabiler und zuverlässiger Betrieb in diesem Zeitraum nicht gewährleistet werden kann.“

Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte in Rottweil das endgültige Interimskonzept für die Gäubahn-Sperrung vorgestellt. Doch auch daran könnte es Abstriche geben. Denn: Die Regionalisierungsmittel des Bundes, von denen der Südwesten den Nahverkehr finanziert, drohen eingefroren zu werden.

Drohen Abstriche am Interims-Konzept auf der Gäubahn?

Eine Sprecherin des Landesverkehrsministeriums: „Die vom Bund bislang zur Verfügung gestellten Regionalisierungsmittel sind aufgrund der Preissteigerungen der letzten Jahre nicht mehr auskömmlich. Daher fordern die Länder eine sachgerechte Erhöhung der Regionalisierungsmittel, deren Notwendigkeit auch die Gutachter des Bundes bestätigen. Sollten die verfügbaren Mittel nicht erhöht werden, drohen Abbestellungen von Schienen-Nahverkehren.“

Wäre davon auch das Interims-Konzept für die Gäubahn-Kappung betroffen? Die Sprecherin: „Nein. Das vorgestellte Projekt ist nicht in Gefahr. Die möglichen und zu vermeidenden Abbestellungen würden nicht ein einzelnes Angebot vollständig in Frage stellen, sondern über das ganze Land verteilt werden. Hierdurch könnte es zwar auch zu punktuellen Abbestellungen einzelner Zugpaare kommen, keineswegs würde aber das Gesamtpaket auf der Gäubahn in Frage stehen.“

Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne, li.) und Bundesschienenbeauftagter Michael Theurer (FDP,re.) am 27. März am Bahnhof Horb. Damals waren beide noch optmistisch, dass der Pfaffensteigtunnel schnell gebaut wird. Jetzt zweifelt sogar die Deutsche Bahn. Foto: Jürgen Lück

Bahn-Zweifel am Pfaffensteigtunnel

Bisher war geplant, dass der Pfaffensteigtunnel ab Ende 2026 in Bau geht – bis zum Jahr 2032. Er soll Böblingen mit dem Flughafen-Bahnhof verbinden, über den es dann bis zum Hauptbahnhof geht. Fahrzeitersparnis Horb-Hauptbahnhof dann: gut 20 Minuten.

Aber: Selbst Bundesschienenbeauftragter Michael Theurer (FDP) konnte zuletzt nicht ausschließen, dass sich die nötige Finanzierung verschieben könnte. Er hatte dieser Redaktion gesagt: „Im Bundesverkehrswegeplan werden alle Projekte mit dem Kostenstand von 2015 eingetragen. Der lag beim Pfaffensteigtunnel bei 1,1 Milliarden Euro. Natürlich sind die Baukosten inzwischen gestiegen – das ist bei allen Projekten so. Auch bei denen, die im Wettbewerb mit dem Pfaffensteigtunnel stehen. Es ist auch normal, dass es bei konjunkturellen Schwankungen und den Auswirkungen auf den Bundeshaushalt dazu kommen kann, dass Neubauprojekte verschoben wurden.“

Die Deutsche Bahn zweifelt inzwischen offenbar daran, dass das Geld für den Pfaffensteigtunnel überhaupt kommt.

In einer Vorlage für den Aufsichtsrat Ende Juni wird als einer der Risiken, die seit Anfang des Jahres für Stuttgart 21 dazugekommen sind, explizit der Pfaffensteigtunnel benannt. Das berichtet die Stuttgarter Zeitung. Laut dem Bericht wird die Verbindung der Gäubahn zum Flughafen als „Top-Risiko“ bezeichnet.

Alte Pläne mit der Rohrer Kurve

Weil unklar ist, ob der Tunnel überhaupt gebaut wird. Dann müssten die alten fertigen Pläne mit der Rohrer Kurve wieder aktuell werden. Die hatte schon Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) als die „schlechte Lösung“ bezeichnet.

Stefan Frey, Vize-Vorsitzender des Landesnaturschutzverbandes: „Das alte Konzept sah vor, dass sich Fern-, Regional- und S-Bahn Züge dasselbe Gleis teilen. Schwierig. Dafür hatte es den Vorteil, dass man direkt im S-Bahn Bahnhof im Terminal ankommt. Mit Rolltreppen und Aufzügen. Die Stadt Leinfelden-Echterdingen hatte sich dagegen gewehrt mit dem Motto „Kein IC in LE“. Beim Flughafenbahnhof mit Pfaffensteigtunnel gibt es nur Aufzüge. Dazu braucht man noch 300 Meter zu Fuß zum Terminal.“