Die Geislinger Steige am Alb-Aufstieg zwischen Stuttgart und Ulm gelegen. Foto: dpa

Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner appelliert an das Land, die Trasse bei einem Scheitern von Stuttgart 21 zu retten.

Stuttgart - Der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner (SPD) warnt die Landesregierung davor, nach einem möglichen Scheitern des Projekts Stuttgart 21 auch von der Schnellbahnstrecke von Wendlingen nach Ulm abzurücken. Das Land beteiligt sich an dieser 60 Kilometer langen Strecke mit einem Festbetrag von 950 Millionen Euro.

Anders als Stuttgart 21 steht die Strecke im Bundesverkehrswegeplan. Daher werden alle weiteren Kosten – zurzeit werden für den Bau rund 3,3 Milliarden Euro angesetzt – vom Bund getragen. Er soll von 2016 an, wenn die Landesmittel aufgebraucht wären, die Finanzierung weiterführen. Dies wurde im Finanzierungsvertrag vereinbart.

Claus Schmiedel, SPD-Fraktionschef im Landtag, hatte am Dienstag gesagt, dass mit einem Scheitern von Stuttgart 21 die Geschäftsgrundlage für den Streckenbau entfallen werde. In Verknüpfung mit der alten Gleisinfrastruktur im Neckartal bringe die Neubaustrecke zudem laut Aussagen des S-21-Kommunikationsbüros keine Fahrzeitverkürzung mehr, so Schmiedel.

Dem Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG liegt allerdings eine gegenteilige Aussage vor. Die Kontrolleure wollten vom Bahn-Vorstand wissen, welche Auswirkungen die Beendigung von Stuttgart 21 auf die Strecke habe. Dem Kontrollgremium wurde mitgeteilt, dass sich mit dem Streckenbau, aber ohne Stuttgart 21, für die Verbindung Stuttgart–Ulm noch ein Fahrzeitgewinn von rund 20 statt rund 30 Minuten ergeben werde. Die Neubaustrecke würde dabei in Wendlingen über eine in den Plänen bereits vorgesehene Verbindungskurve an die aus Richtung Tübingen kommenden Gleise angebunden. Die Züge würden also ab Wendlingen über das Neckartal den Stuttgarter Hauptbahnhof erreichen. Eine direkte Verbindung zum Flughafen würde sich mit dieser Variante für die Ulmer nicht mehr ergeben. Das Stück von Wendlingen zum Flughafen ist ein Teil von Stuttgart 21.

„Ich bin mich sicher, dass nach Stuttgart–Wendlingen dann auch Wendlingen–Ulm fällt“

Trotz dieser positiven Wirkung auf die Fahrzeit erwartet Gönner nach einem möglichen Ende von Stuttgart 21 eine neue Debatte über den Streckenbau. „Ich bin mich sicher, dass nach Stuttgart–Wendlingen dann auch Wendlingen–Ulm fällt“, so der Stadtchef. Er appelliert daher an die Landesregierung, bei den Verhandlungen über Stuttgart 21 diese mögliche Auswirkung zu bedenken. Die Neubaustrecke sichere dem Osten des Landes über Ulm den Anschluss an eine moderne Eisenbahn-Infrastruktur und das Schnellfahrnetz. Im Fall des Falles müsse man deshalb „alles dafür tun, um die Strecke Wendlingen–Ulm zu retten“. Einen eigenen finanziellen Einsatz werde die Stadt an der Donau aber nicht leisten. Gönner: Man habe sich bereits für den neuen Bahnhof in Ulm engagiert und für eine S-Bahn, die der Fernbahn noch mehr Fahrgäste liefern werde.

Gönner erinnert daran, das sich das Land bei einem Abbruch des bereits begonnenen Streckenbaus erneut der Konkurrenz einer alternativen West-Ost-Verbindung über Frankfurt, Nürnberg und Passau nach Wien aussetze. Von dieser Magistrale sei zwar noch kein Teil geplant, die Linienführung werde aber von der Europäischen Union als neuer Korridor zwischen Straßburg und der Donau als förderwürdig betrachtet. Bisher fördert die EU die Strecke Wendlingen–Ulm. Deren Notwendigkeit sei bisher, so Gönner, „im Land von keinem bestritten worden“.