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Charmeoffensive in Sachen Stuttgart 21: Bahn-Technikvorstand Kefer stellt sich den kritischen Fragen von Politikern. Ändert sich wirklich etwas an der vielkritisierten Informationspolitik der Bahn?  

Stuttgart - In einer Phase tiefen gegenseitigen Misstrauens hat Technik-Bahnvorstand Volker Kefer bei Landes- und Kommunalpolitikern für das Bahnprojekt Stuttgart 21 geworben. Er besuchte am Dienstag die Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat und im Landtag. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel äußerte danach die Hoffnung, dass die von der Bahn bezifferten finanziellen Risiken für das Projekt in Höhe von 1,2 Milliarden Euro zu einem Großteil doch nicht eintreten werden.

Die Grünen machten klar, dass sie von der Bahn mehr und bessere Informationen zu dem umstrittenen Projekt erwarten. Am Tag davor hatte die Bahn zugesagt, den Projektpartnern vertrauliche Angaben in einem „Datenraum“ bereitstellen zu wollen. Der Konzern hatte im Dezember mitgeteilt, S 21 werde um 1,1 Milliarden Euro teurer und damit steige der Finanzierungsrahmen auf 5,6 Milliarden Euro. Diese Mehrkosten will die Bahn selbst stemmen. Hinzu kämen aber Risiken von 1,2 Milliarden Euro, für die das Unternehmen nicht die Verantwortung übernehmen will. Nach Angaben von Schmiedel sind darunter Risiken von 900 Millionen Euro, die wohl vermeidbar sind. Mit Kefer sei man sich einig, alles tun zu wollen, damit diese Risiken nicht eintreten. Verhindern ließen sich beispielsweise lange Bearbeitungszeiten bei den Behörden, sagte Schmiedel. Er habe den Eindruck, dass einige Stellen in Stuttgart das Vorhaben S 21 wie eine „heiße Kartoffel“ anfassten, da es politisch brisant sei.

Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann wies aber den Vorwurf der Bahn, Stadt und Land torpedierten das Projekt, als „ungeheuerlich“ zurück. Beide handelten streng nach Recht und Gesetz. Kefer hatte laut Sitzmann einen entsprechenden Vorwurf erhoben. Sitzmann bekräftigte, dass es für das Land bei der Beteiligung von 930 Millionen Euro an dem Projekt bleibe. Schmiedel mahnte unterdessen, es müsse in diesem Jahr bei S 21 erkennbar vorangehen. „Sonst denken die Leute, es handelt sich überwiegend um eine Fata Morgana.“

In den Regierungsfraktionen gelten viele Grünen-Politiker als Gegner von S 21, während die SPD das Projekt grundsätzlich befürwortet. Befürchtungen, die Mehrkosten bei S 21 könnten zu Fahrpreiserhöhungen oder zulasten anderer Bahnprojekte im Südwesten gehen, habe Kefer verneint. Wie Schmiedel erklärte, will die Bahn die Mehrkosten von 1,1 Milliarden Euro schultern, indem sie vor allem den Abbau ihrer Schulden streckt. Ein Abbruch von S 21 ist für die SPD kein Thema: Sollte der Bahnhof nicht kommen, sei wohl auch die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm gefährdet, betonte Schmiedel. Man stünde dann vor einem Fiasko. Er hoffe, dass der Aufsichtsrat im Februar das Go für die Übernahme von Mehrkosten gebe.