Am 16. Juli musste das Regierungspräsidium Stuttgart die Erörterung zu Grundwasserfragen beim Bahnprojekt Stuttgart 21 abbrechen. Am 9. September soll es den zweiten Anlauf geben.
Stuttgart - Das Regierungspräsidium (RP) will mit dem Thema Grundwasser beim Bahnprojekt Stuttgart 21 keine Zeit mehr verlieren. Gleich nach Schulferien-Ende, soll im Kongresszentrum der Landesmesse die abgebrochene Erörterung neu aufgerufen werden.
Die Erörterung
Um den Betontrog für den neuen S-21-Durchgangsbahnhof in Tieflage im Trockenen bauen zu können, müssen voraussichtlich bis zu 6,8 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Schlossgarten gepumpt werden. Bisher darf die Bahn nur rund drei Millionen entnehmen. Das Grundwasser wird gereinigt und der größte Teil davon über Brunnen wieder versickert. Die bestehende Anlage laufe seit vergangener Woche im Probebetrieb – allerdings mit Leitungswasser, sagte S-21-Sprecher Wolfgang Dietrich bei einer Pressekonferenz. Voraussichtlich Ende September werden die Stuttgarter Straßenbahnen mit ihrem neuen Stadtbahntunnel so tief unter dem Kriegsberg sein, dass dort Wasser abgepumpt und in der Anlage behandelt wird. Die zusätzlich beantragte Menge würde über eine zweite Anlage auf dem Gelände des früheren Bahnhof-Südflügels entstehen. „Wir brauchen dafür bis Anfang 2014 die Entscheidung, sonst ist unser Puffer aufgebraucht“, sagte Dietrich.
Die erste Erörterung zum Thema Grundwasser musste abgebrochen werden, weil dem Verhandlungsleiter des Regierungspräsidiums beim Thema Stuttgart 21 Befangenheit vorgeworfen werden konnte. Und „wegen der angespannten Atmosphäre“, so das RP. Behördenleiter Johannes Schmalzl (FDP) ergriff daraufhin disziplinarrechtliche Maßnahmen. Die neue Erörterung wird nun Michael Trippen, der Leiter des Planfeststellungsreferates im RP, zusammen mit der Abteilungspräsidentin Gertrud Bühler, leiten. Sie dauert vom 9. bis 12., bei Bedarf auch bis 13. September, beginnt jeweils um 9 Uhr im Messe-Kongresszentrum, und soll täglich jeweils deutlich vor 22 Uhr beendet werden.
Der Brandschutz
Neben dem Grundwasserthema gelten auch der Brandschutz und die wegen des Filderdialogs erst jetzt beantragten Bauarbeiten am Flughafen (Anschluss der ICE-Strecke nach Ulm, neuer Fernbahnhof, Kombihalt für S-Bahn und Züge der Gäubahn) als zeitkritische Punkte im Projekt. Für den Brandschutz im achtgleisigen Tiefbahnhof und den Tunneln brauche man eine Entscheidung bis Mitte 2014, sagte Dietrich. In den nächstem Monaten solle zusammen mit Feuerwehr und der Genehmigungsbehörde, dem Eisenbahn-Bundesamt, über Brandlasten und Fluchtwege gesprochen werden. Die Frage, so Dietrich, werde auch sein, wie viele Menschen sich im Bahnhof aufhalten könnten. Für den Projektsprecher ist klar: „Es wird am Ende ein Brandschutzkonzept geben, das funktioniert, sonst können wir den Bahnhof nicht bauen“.
Die Fertigstellung
Dietrich betonte bei der Pressekonferenz, dass die Bahn und alle Auftragnehmer „auf einen Fertigstellungstermin im Dezember 2021“ eingeschworen seien. Die gesamte Planung habe dieses Ziel, „jeder kämpft für 2021“, so der Sprecher. Beim jüngten S-21-Lenkungskreistreffen hatte Bahnvorstand Volker Kefer einräumen müssen, dass die Bahn eher Ende 2022 annimmt und für die Verspätung mit 100 Millione Euro Mehrkosten rechnet. Die Zahlen seien „kaufmännischer Vorsicht“ geschuldet, hatte Kefer gesagt.
Die Strecke
Auf „kritischem Pfad“ sieht Christian Wörner, Leiter der S-21-Projektsteuerung den Abschnitt am Flughafen. In der Projektspitze werden Termine und Baufortschritt wöchentlich besprochen und wenn nötig Maßnahmen gegen Terminverzug ergriffen. Auch auf der in Wendlingen an Stuttgart 21 anschließenden Neubaustrecke nach Ulm stockt ein Abschnitt. Für den 8,7 Kilometer langen Albvorlandtunnel, der an Wendlingen und Kirchheim vorbei führen wird, liegt noch keine Genehmigung vor. Hier weisen die Terminpläne nur noch wenig Puffer aus. Ist dieser aufgebraucht, gilt die Sprachregelung vom „kritischen Pfad“ und stellt sich die Frage, wie Zeit aufgeholt werden kann.
Auf der weiteren Strecke nach Ulm laufen zum Teil bereits Bauarbeiten, zum Beispiel für den Steinbühltunnel am Albaufstieg oder der Albhochfläche. Steinbühl- und Bosslertunnel werden durch die Brücke über das Filstal miteinander verbunden. Der Auftrag für das 85 Meter hohe und 485 Meter lange Bauwerk konnte inzwischen vergeben werden, informierte Dietrich. Das Unternehmen Max Bögl aus Bayern habe für 53 Millionen Euro den Zuschlag erhalten. Sieben Firmen hatten um den Auftrag konkurriert, der laut Dietrich etwas teurer als kalkuliert wurde. Allerdings hätten andere Vergaben der Strecke deutlich unter dem Planansatz gelegen. Um die Brücke zu bauen, werden gigantische Kräne nötig sein“, so der Leiter des Kommunikationsbüros.
Für Bögl ist es der dritte große Auftrag im Projekt nach dem Albabstiegstunnel vor Ulm (zusammen mit Züblin) und der Lieferung der Betonsegmente für den Fildertunnel (Hauptauftragnehmer: Porr aus Österreich). Wie diese rund 54 000 Tunnelsegmente vom Werk zur Baustelle am Gewerbegebiet Fasanenhof gebracht werden solle bis September geklärt sein, so Dietrich. Möglich sei ein Bahntransport bis zum Güterbahnhof Kornwestheim, von dem aus Lastwagen pendeln müssten.
Der Bahnhofsturm
Vergangene Woche hatte der Enkel des Bahnhofsarchitekten Paul Bonatz, Peter Dübbers, gefordert, die Gründung des Bahnhofsturms zweifelsfrei zu klären. Dübbers sagt, der 10.300 Tonnen schwere Turm stehe auf Eichenpfählen. Die Bahn sagt, es seien 289 Eisenbetonpfähle. „Wir gehen in beiden Fällen davon aus, dass wir direkt daneben den Tiefbahnhof bauen können“, sagte Dietrich. Der Turm werde während des Baus überwacht, eine Bohrung, die Aufschluss liefern könnte, sei nicht nötig.