Auf dem Gleisfeld vor dem Hauptbahnhof werden die Weichen verlegt, nicht gestellt. Foto: Deutsche Bahn

Verträge waren von Bahn für Ende April angekündigt worden - Baustopp bei Grundwasser.

Stuttgart - Die Bahn AG will vor weiteren Bauarbeiten und Vergaben für ihr Projekt Stuttgart 21 die Vereidigung der neuen Landesregierung am 12. Mai abwarten. Für die auf Aufträge im Millionenwert hoffenden Baufirmen verlängert sich die Wartezeit damit um einige Wochen. Doch Warten sind sie gewohnt.

Laut ihren eigenen Ausschreibungen wollte die Bahn AG die Rohbauaufträge für die Tunnel von der Stadtmitte zum Flughafen und nach Untertürkheim bereits am 1.Februar vergeben. Eine Handvoll Firmen haben ihre Kalkulationen abgegeben, sie sind daran noch einige Wochen gebunden.

Die neue unterirdische Bahnhofshalle, für die eine Million Kubikmeter Erde abgefahren und 33 Kilometer Bohrpfähle gerammt werden müssen, sollte seit dem 14.Februar beauftragt sein. Bauen wird sie die Stuttgarter Züblin AG. Das sagte der Architekt Uwe Eggert am Dienstag. Er führte mit dem Unternehmen wegen eines an die Bahnhofshalle anschließenden, überdachten Busbahnhofs Gespräche. Für Fernreisebusse wird nun aber am Flughafen gebaut.

Die von Bahn-Chef Rüdiger Grube nun zugestandene Verzögerung dürfte für das auf zehn Jahre Bauzeit angelegte Vorhaben nicht ins Gewicht fallen. Mehrere Firmen erklärten letzten Freitag gegenüber unserer Zeitung, dass Vertragsunterzeichnungen für Ende April angekündigt worden seien.

Der für Stuttgart 21 verantwortliche Bauchef Hany Azer hat seit seinem Amtsantritt vor fast zwei Jahren die Veröffentlichung eines Bauzeitplans mit dem Hinweis auf Überarbeitungen abgelehnt. Weil die Bahn selbst das Projekt seit 1995 unter verschiedenen Vorstandschefs mit höchst unterschiedlichem Tempo vorantrieb, gibt es bei Partnern Zweifel, ob eine Fertigstellung bis Ende 2019 bewerkstelligt werden kann.

Obwohl nun einige Bauarbeiten ruhen, gibt es für die Ingenieure genug zu tun. Zwei Teilabschnitte des Projekts sind noch nicht genehmigt, bei dem am Flughafen haben die Bürger noch nicht einmal Pläne gesehen.

Hier wird weitergebaut

Gleisvorfeld

Das riesige Gleisgewirr vor der großen Kopfbahnsteighalle des alten Stuttgarter Hauptbahnhofs wird seit dem 2. Februar 2010 umgebaut. Bahnchef Rüdiger Grube, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, Ministerpräsident Günther Oettinger und Stuttgarts OB Wolfgang Schuster gaben mit dem Ausbau eines Prellbocks den Startschuss für Stuttgart 21. Bis Juli 2012 sollen Weichen und Gleise verlegt und alle Bahnsteige um 120 Meter verlängert werden. Erst dann kann die Bahn die heutigen Prellböcke um diese 120 Meter vom Bahnhof weg versetzen und die Baugruben für den tiefergelegten und um 90 Grad gedrehten Durchgangsbahnhof öffnen.

Die Arbeiten im Gleisvorfeld liefen aus Sicherheitsgründen auch während der Stuttgart-21-Schlichtung weiter. Weil diese Umbau- arbeiten auch Auswirkungen auf den Fahrplan haben, müssen sie mindestens eine halbes Jahr vor dem Start beantragt werden. Ein Stopp hier würde damit eine extreme Verzögerung für das gesamte Projekt bedeuten und könnte damit tatsächlich erhebliche Kosten- steigerungen verursachen.

Brücke nach Wendlingen

Am 13. Dezember 2010 hat die Bahn mit einem Brückenbau zwischen Aichelberg und Weilheim auch die Arbeiten an der Strecke Wendlingen-Ulm gestartet, für die Zuschüsse der EU fließen. Der Brückenbau liegt für die Gegner unter der Wahrnehmungsgrenze.

Hier wird nicht weitergebaut

Rohre fürs Grundwasser

Im Stuttgarter Schlossgarten ragt eine Halle auf, in der sich Behälter und Maschinen für die Reinigung von Grundwasser finden. Die Baufläche hat Symbolcharakter, denn sie war heftig umkämpft. Hier fielen alte Parkbäume, hier kam es am 30. September zum schwarzen Donnerstag mit verletzten Demonstranten und Polizisten. Hinterher stellte ein Gericht fest, dass die Bahn am Rande der Legalität agierte, die Baugenehmigung erst in letzter Sekunde erteilt worden war.

Die Anlage zur Grundwasserreinigung ist ein Schlüsselstelle im gesamten Projekt. Weil der Bahnhof und selbst das geplante unter- irdische Technikgebäude vor dem Nordausgang im Grundwasser stehen, müssen scharfe Auflagen erfüllt werden.

Das Wasser aus den Baugruben wird über 16 Kilometer Rohrleitungen zur Reinigungsanlage und dann zu Versickerungsbrunnen oder zum Neckar gepumpt. Die Rohre könnten längst aufgebaut werden. Die Bahn hält Informations- und Bildmaterial dazu seit Wochen zurück. Offenbar fürchtet sie einen Aufschrei in der Bürgerschaft, wenn sichtbar wird, wie die Rohre das Stadtbild prägen werden.

Kiesinger-Platz vorm Nordeingang

Mit den Umbauarbeiten auf dem Parkplatz vor dem Bahnhofs-Nordeingang wird der Bau eines unterirdischen Technikgebäudes vorbereitet. Aufgeschobene Leitungsverlegungen könnten rasch aufgeholt werden, Bäume wurden bereits versetzt. (ks)