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Nach erfolgreicher Räumung des Camps lässt die Bahn Bäume für Stuttgart 21 umpflanzen.

Stuttgart - Einen Tag nach dem Großeinsatz der Polizei im Stuttgarter Schlossgarten haben die Arbeiter angefangen, Bäume für das Bahnprojekt S21 umzupflanzen. Nach Angaben der Bahn wurde am Donnerstag der erste Baum mit einer Rundspatenmaschine aus dem Boden gehoben. Dies blieb von der Bevölkerung aber weitgehend unbeachtet.

Für den Tiefbahnhof werden 106 Bäume gefällt

Für den geplanten Tiefbahnhof werden zudem 106 Bäume gefällt und als Kunstwerke oder als sogenanntes Biotopholz für pädagogische Zwecke genutzt. Mittlerweile wurden laut Bahn mehr als 20 Bäume abgeholzt. 68 sollen umgesetzt werden. Die gigantischen Maschinen können Bäume mit einem Stammdurchmesser von bis zu 50 Zentimetern und einem Gewicht von bis zu zehn Tonnen versetzen.

Bis Ende Februar soll Platz für die Baustelle für den S21-Tiefbahnhof geschaffen werden. „Wir sind im Zeitplan“, sagte der Leiter der Arbeiten, Tobias Rauch. In der Nacht zum Mittwoch hatte die Polizei den Schlossgarten geräumt. Der Protest von etwa 1000 Demonstranten verlief weitgehend friedlich. Mehrere hundert Polizisten schützten die Arbeiten auch am Donnerstag. Vom Wochenende an würden Sicherheitskräfte der Bahn die Arbeiten bewachen, sagte eine Bahnsprecherin.

S-21-Gegner: Widerstand geht weiter

Der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Hannes Rockenbauch, warf der Bahn erneut eine „eiskalte Machtdemonstration“ vor. Der Widerstand werde bei allem Schmerz wegen der Rodung im Schlossgarten weiter zielgerichtet gegen Stuttgart 21 vorgehen. An diesem Samstag ruft das Bündnis zu einer Demonstration unter dem Motto „Ihr macht alles kaputt - uns nicht!“ auf.

Unterdessen beurteilen Experten die Überlebenschancen der verpflanzten Bäume völlig unterschiedlich. Der Landeschef des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu), Andre Baumann, glaubt, dass die Bäume schwächer werden und kürzer leben als an ihrem angestammten Standort. „Der liebe Gott hat Bäume nun mal nicht dazu gemacht, verpflanzt zu werden.“ Es sei bei den zu verpflanzenden Bäumen versäumt worden, Krone und Wurzelballen gleichermaßen zu beschneiden.

„Wenn die Krone wesentlich größer ist als das Wurzelsystem, wird der Baum nicht mehr ausreichend versorgt“, monierte Baumann. Dagegen meint der Baumsachverständige der Bahn, Bodo Siegert, dass sich die Überlebenschancen für die verpflanzten Bäume nicht mindern. 1907 sei eine riesige Eibe in Frankfurt verpflanzt worden. „Die gibt es heute noch.“ Die Wurzeln der verpflanzten Bäume werden über sogenannte Drainringe bewässert; diese Behandlung werde nach bis zu zwei Jahren eingestellt. „Wir wollen keine Intensivpatienten am Tropf“, unterstrich Siegert.

Das Fällen und Verpflanzen sowie die anschließende Pflege kosten insgesamt zwei Millionen Euro. Ein 19-jähriger Aktivist, den die Polizei vor vier Tagen nach einer Durchsuchung des Parkschützer-Büros festgenommen hatte, ist inzwischen wieder auf freiem Fuß. Ein Polizeisprecher sagte, der Verdacht, dass der Mann einen Molotowcocktail hergestellt habe, sei aber noch nicht ausgeräumt.