Die Bahn will verhindern, dass der Gemeinderat den Bebauungsplan für das A1-Areal ändert.

Stuttgart - Im Oktober kann der Stuttgarter Gemeinderat den dann sieben Jahre alten Bebauungsplan für ein riesiges Einkaufszentrum an der Ecke Wolfram- und Heilbronner Straße ändern. Die Grundstückseigentümerin Bahn würde voraussichtlich einen zweistelligen Millionenbetrag verlieren. Die Stadt muss sie bei Änderungen von Oktober an nicht mehr entschädigen.

Um den auf 90 Millionen Euro taxierten Wert ihrer drei betroffenen und zusammen 29.800 Quadratmeter großen Grundstücke zu sichern, hat die Bahn am Dienstag eine Bauvoranfrage eingereicht. "Wenn wir diese positiv entscheiden, gilt das bestehende Baurecht auf diesen Flächen für weitere drei Jahre", erläutert Kirsten Rickes die Rechtslage. Das Baurechtsamt müsse innerhalb von drei Monaten über die Voranfrage entscheiden, so die Amtsleiterin. Damit wahrt die Bahn die Frist bis Oktober. Damit der Bauvorbescheid erteilt werden kann, müsste die Bahn sich an alle Planvorgaben halten. Befreiungen durch Verwaltung oder Gemeinderat sind nicht zu erwarten. Stuttgart, hatte sich Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) festgelegt, brauche "kein Handelsschlachtschiff".

"Wer will denn da wohnen?"

Investoren wie die Hamburger Versandhausfamilie Otto mit ihrer ECE, europaweit Marktführer bei Einkaufszentren, hatten die Vorgaben vergangenes Jahr mehr als ausgereizt. Die ECE hatte für die bis zu 47.500 Quadratmeter Verkaufsfläche 2200 statt zulässiger 1350 Stellplätze gefordert. Ansonsten, so ECE-Projektentwickler Jens Jäpel, könne das Zentrum nicht sinnvoll betrieben werden. Nachdem durch die Kommunalwahl im Juni 2009 die Mehrheit im Gemeinderat zu Grünen, SPD und SÖS/Linke wechselte, zog die ECE ihre Voranfrage zurück.

Mitbewerber wie die Hamburger Procom Invest haben ihre Pläne inzwischen im Papierkorb abgelegt. "Wer will denn da wohnen, mit dem Bahnhof und den Gleisen vor der Nase?", kommentiert der bei Procom für die Entwicklung von Shopping-Centern zuständige Detlef Samland die Forderung von Hahn nach einem - im jetzigen Bebauungsplan übrigens nicht vorgesehenen - hohen Wohnungsanteil. "Die Bahn muss sich das Baurecht sichern und eine Voranfrage stellen", hatte Samland Ende April gefordert.

Die ECE, die mit der Strabag-Tochter Züblin zusammenarbeitet, verfolgt ihren nach eigenen Angaben 500 Millionen Euro umfassenden Investitionsplan weiter. Im Hintergrund liefen Gespräche, auch mit den Grünen. "Der Handel muss eine verträgliche Größe haben", zeigt sich deren Fraktionschef Werner Wölfle standhaft.

"Wir verfolgen das weiter", sagt der Strabag-Vertreter Uwe Jaggy. Die Bahn dagegen will weder ihre Bauvoranfrage bestätigen noch Details daraus nennen. Immerhin: "Es gibt Gespräche mit der Stadt und Investoren", so ein Bahn-Sprecher.