Die Studie „Iss was, Deutschland“ der Techniker Krankenkasse zeigt: Menschen in Deutschland ist eine gesunde Ernährung wichtig. Doch die wenigsten setzen das um.
Gesund essen könnte so einfach sein. Viel Gemüse und Obst, etwas Getreide, ein wenig Fisch oder Fleisch, wenig Fett, sehr wenig Zucker. Das zumindest sind die Richtwerte für eine gesunde Ernährung, richtet man sich nach der Ernährungspyramide des Bundeszentrum für Ernährung. Wer in Deutschland lebt, scheint das verstanden zu haben, zeigt die aktuelle Studie „Iss was, Deutschland“ der Techniker Krankenkasse. Immerhin geben darin 92 Prozent der Befragten an, bei der Auswahl ihrer Lebensmittel auf den Faktor Gesundheit zu achten.
Die Realität aber sieht anders aus. 60,5 Prozent der in Deutschland lebenden Männer waren einer Studie des Robert-Koch-Instituts zufolge im Jahr 2020 übergewichtig bis adipös. Bei der weiblichen Bevölkerung lag der Anteil bei 46,6 Prozent. Theorie und Praxis weichen beim kritischen Blick auf das eigene Essverhalten also stark voneinander ab.
Das Wissen ist vorhanden
Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse, sagt: „Gesunde und nachhaltige Ernährung ist den meisten Menschen aus guten Gründen wichtig. Allerdings steht das im Gegensatz zur Wirklichkeit. Lebensstilbedingte Erkrankungen nehmen seit Jahren zu. Herzkreislaufmedikamente, wie Blutdrucksenker, sind die mit Abstand am meisten verordneten Arzneimittel.“ Fest steht: Die meisten wissen, wie man sich gesund ernährt – sie praktizieren es nicht.
Das liegt vor allem an fehlender Zeit und Ruhe, wie 43 Prozent in der TK-Studie angaben. Wer sich das Mittagessen regelmäßig zwischen Tür und Angel reindrückt, läuft der Gefahr, auf Dauer nicht genügend Nährstoffe aufzunehmen. Oder eben zu viel von den Falschen. „Man sollte sich genügen Zeit nehmen“, betont TK-Chef Baas. „Eine besondere Verantwortung kommt da auch der Gemeinschaftsverpflegung in Kitas, Schulen und Betrieben zu. Hier wird ein Großteil der Menschen erreicht, auch diejenigen, die ansonsten nicht für ausreichend gesunde Mahlzeiten sorgen können.“
Herausforderung in der Großküche
Die Ökotrophologin Ulrike Arens-Azevêdo war von 2016 bis 2019 Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) und weiß, dass es besonders in Großküchen schwierig ist, gesunde Mahlzeiten schmackhaft herzustellen. Um eine gesundheitsfördernde und nachhaltige Verpflegung in Gemeinschaftseinrichtungen zu sichern, hat die DGE-Qualitätskriterien entworfen. Darunter fällt nicht nur die Art der verwendeten Lebensmittel, sondern auch deren Nachhaltigkeit und die Umgebung, in der gespeist wird. Das Auge isst bekanntlich mit. Über Gemeinschaftsverpflegungen wurden vor Corona immerhin 16 Millionen Menschen erreicht, berichtet Ulrike Arens-Azevêdo. Die Expertin geht davon aus, dass sich die Anzahl nun, da viele von zuhause arbeiten, verringert hat. Hier gelte es nachzusteuern.
Das könne zum Beispiel durch Aufklärung erreicht werden. Anhaltspunkte wie der Nutri-Score sollen das Erkennen gesunder Lebensmittel zwar vereinfachen, seien für viele aber noch zu undurchsichtig. 59 Prozent der Befragten gaben an, sich nicht am Nutri-Score zu orientieren. „Der Nutri-Score ist verwirrend, weil er Klassen miteinander vergleicht“, berichtet Jens Baas. Häufig überwiege das gewohnte Kaufverhalten dann doch.
Regionalität besser kennzeichnen
Ähnlich sieht es in puncto Nachhaltigkeit aus. Zwar ist 77 Prozent der Befragten wichtig, nachhaltig produzierte Lebensmittel zu konsumieren. Doch die seien oftmals unzureichend gekennzeichnet, sagt Ulrike Arens-Azevêdo. „Der Gesetzgeber muss definieren, was Regionalität bedeutet“, so ihre Forderung. Nur so wird erkenntlich, mit welchem Kauf Verbraucher die nachhaltige Produktion wirklich fördern: „Zukünftige Generationen müssen dieselbe Chance haben, sich gesund ernähren zu können, wie wir.“ Fazit: Die TK-Studie zeigt, dass das Bewusstsein dafür in den Köpfen bereits angekommen ist, die Rahmenbedingungen sind ausbaufähig. Doch genau wie in Sachen Gesundheit gilt es hier nun, auf Worte Taten folgen zu lassen.