Weidetiere wie Schafe, Pferde und Rinder fördern einer Studie zufolge die Käfervielfalt. Auf den Bergheiden im Nordschwarzwald seien bei Untersuchungen mehr als 30 verschiedene Dungkäferarten nachgewiesen worden, teilt der Nationalpark Schwarzwald mit.
Baiersbronn/Ruhestein - Die offenen Bergheiden im Nordschwarzwald – die Grinden – gehören zu den Alleinstellungsmerkmalen des Nationalparks und bieten Lebensraum für viele, zum Teil seltene und bedrohte Arten. Zum Erhalt dieser besonderen Landschaftsform tragen auch viele Weidetiere – unter anderem Schafe, Pferde und Heckrinder – bei. Dass die Beweidung auch der Insektenvielfalt und -masse nützt, hat ein Forscherteam des Nationalparks jetzt am Beispiel der Dungkäfer nachgewiesen.
18 Flächen untersucht
"Wir haben 18 verschiedene Weideflächen im Nordschwarzwald stichprobenhaft untersucht", berichtet Jörn Buse, Experte für Biodiversität im Nationalparkteam, laut einer Mitteilung. Diese Flächen befinden sich sowohl im Schutzgebiet als auch außerhalb und repräsentieren Höhenlagen zwischen 250 und über 1000 Metern. In ihren Proben haben die Wissenschaftler mehr als 33 verschiedene Dungkäferarten nachgewiesen. "Die untersuchten Dunghaufen waren im Mittel von 50 Käfern besiedelt", erzählt der Käferspezialist. "Einzelne Dunghaufen enthielten sogar mehr als 800 Tiere."
Im Ökosystem nehmen die Dungkäfer eine wichtige Schnittstelle ein. "Ohne ihre fleißige Arbeit wäre der Nährstoffkreislauf nicht geschlossen", erklärt Buse. "Die Hinterlassenschaften der Käferlarven sind unmittelbar pflanzenverfügbarer Dünger. Außerdem belüften die Käfer durch ihr Graben den Boden und verbringen im Dung enthaltene Pflanzensamen in den Boden."
Landwirte wie Alfons Schnurr vom Schnurrenhof in Seebach beweiden seit mehr als 40 Jahren ihre Flächen. "Diese lange Weidetradition ist zusammen mit einigen anderen Faktoren ein entscheidender Aspekt für die Artenvielfalt, die wir hier finden konnten", ist Buse überzeugt.
Plädoyer für Rinderhaltung
Hohe Artenvielfalt wird auch bei kontinuierlicher Beweidung vom Frühjahr bis in den Herbst gefördert, da die Käfer saisonal gestaffelt aktiv sind. "Ein Beispiel ist hier die ganzjährige naturschutzorientierte Beweidung mit schottischen Hochlandrindern in Geroldsau durch die Familie Baumann", so Buse. Untersuchungen aus England zeigen, dass ein etwa 600 Kilogramm schweres Rind mehr als elf Tonnen Dung im Laufe eines Jahres auf der Weidefläche liefert. Dieser Dung wird von etwa 120 Kilogramm Insektenlarven genutzt.
"Grob geschätzt kann man sagen, dass jedes extensiv gehaltene Rind eine Masse an Insekten fördert, die etwa einem Fünftel der eigenen Körpermasse des Rindes entspricht", sagt Jörn Buse. Die traditionelle Flächennutzung im Grünland sei daher auch als ein wichtiger Baustein für Strategien gegen den Verlust der Insektenvielfalt und -masse zu werten.
"Erhalt und Förderung der Beweidung in einer Kulturlandschaft wie den Grinden des Nordschwarzwalds muss mehr Beachtung finden", fordert Buse. Gerade Rinderhaltung würde wegen ihrer CO2-Bilanz zunehmend negativ beurteilt. "Bei extensiver Haltung ergibt sich aber ein anderes Bild, und ihr Beitrag für den Insektenschutz wird bisher stark unterschätzt", stellt Buse klar.