Heidelberg Sinus-Institut: Eine Million Menschen in Deutschland wollen aus Kirche austreten.

Heidelberg/Stuttgart - Den beiden großen Kirchen in Deutschland droht eine Austrittswelle. Nach einer neuen Umfrage des Heidelberger Sinus-Instituts (Oktober 2011) wollen rund eine Million Menschen in Deutschland aus ihrer Kirche austreten. Zusammen mit denjenigen, die über einen Austritt nachdenken, ergebe sich „ein Schwundpotenzial von mehr als fünfeinhalb Millionen“, schreibt der Sinus-Geschäftsführer Bodo Flaig in der Zeit-Beilage „Christ und Welt“.

Bei der repräsentativen Untersuchung wurden 2000 Personen ab 14 Jahren befragt. So lag der Anteil derjenigen, die zum Austritt entschlossen sind, bei den Evangelischen bei 3,2 Prozent und bei Katholiken bei 1,6 Prozent. Bei den noch Unentschlossenen erwägen dies 12,1 Prozent der Protestanten und 9,9 Prozent der Katholiken. „Deutschland ist für die christlichen Kirchen zu einem Missionsland geworden“, schreibt Flaig.

Diözese „vollkommen überrascht“

Die Umfrageergebnisse stehen im Widerspruch zum Trend bei den Austrittszahlen. Der Sprecher der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart, Thomas Broch, zeigte sich „vollkommen überrascht“. „Nach all unseren Erfahrungen kann ich diese Zahlen nicht nachvollziehen“, sagte er unserer Zeitung. Die Austrittszahlen in den deutschen Diözesen seien wieder rückläufig. 2010 hat es aufgrund des Missbrauchsskandals mehr als 15 000 Austritte in Rottenburg-Stuttgart gegeben. „Wie es aussieht ist dieser Höhepunkt überwunden und wir pendeln uns 2011 auf das Niveau von 2009 ein mit rund 10.000 Austritten“, so Broch.

„Alarmismus völlig übertrieben“

Harsche Kritik an der Umfrage kam von der Evangelischen Kirche. Der Sprecher der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Reinhard Mawick, bezeichnete sie als „alarmistisches Szenario, das sich nicht bewahrheitet“. Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass sich grundsätzlich etwas an der Kirchenbindung der Protestanten ändere. „Diesen Alarmismus halten wir für völlig übertrieben.“

Von offizieller katholischer Seite verlautete, dass keine besonderen Maßnahmen wie Image- oder Werbekampagnen geplant seien. Der Papstbesuch und der eingeleitete Dialogprozess seien eine angemessene Reaktion auf die Austrittswelle.