In zwei Rollenspielen stellten die Studenten dar, wie der Alltag in einer Hausarztpraxis abläuft – und wie er sein sollte. Foto: Störr

Medizin-Studenten aus ganz Deutschland könnten sich die Arbeit in einer Hausarzt-Praxis auf dem Land durchaus vorstellen. Wenn sich die Rahmenbedingungen anders als bisher gestalten ließen. Nun präsentierten sie ihre Vorstellungen in Hausach.

Hausach - Für die Studenten bedankte sich Till Weidenbacher: "Wir haben hier innovative Versorgungskonzepte kennengelernt. Wir haben gesehen, wie es gehen kann. Die Woche war ein absoluter Erfolg." In einem Rollenspiel stellten sie in zugspitzer Form die aktuelle Situation vieler Hausarztpraxen vor, bevor sie an vier Stationen ihre Zukunftsvisionen zur Digitalisierung, Vernetzung, Arbeitsteilung und Prävention präsentierten.

So schwebt den angehenden Medizinern eine App vor, die als Schnittstelle alle bisherigen Praxisverwaltungs-Systeme miteinander verbinde. "Bereits bei der Terminabfrage könnten Basisfragen wie Alter, Gewicht und Größe erfasst werden. Wenn es keine kritischen Punkte in der Abfrage gibt, könnte über eine Terminauswahl gebucht werden. Bei kritischen Punkten könnte sich eine medizinische Fachangestellte oder der Arzt dazu schalten – oder auch der Notruf alarmiert werden", erklärte Jonas Cittadino. Regelmäßige Parameter bei Patienten mit Dauer-Medikamenten, Blutdruck-Abfragen oder die Erinnerung an Impftermine könnten standardisiert werden. "Es muss ein ästhetisches, kompakt bedienbares System sein", betonte Cittadino.

Ärzte-Stammtisch für bessere Vernetzung

Die Grundidee wäre die Verknüpfung aller bestehenden Informationen, der Datenschutz könnte über eine TAN wie beim Online-Banking sichergestellt werden.

In Sachen Vernetzung stellen es sich die Studenten so vor, wie sie es in der Gesundheitswelt des "Gesunden Kinzigtal" kennengelernt haben. Michael Hahn wäre eine verbindliche Vernetzungs-Pflicht und ein verpflichtender Ärzte-Stammtisch zum Austausch am liebsten. "Es geht darum, dass man verbunden ist", betonte er.

Lisa Krischach stellte ein gut strukturiertes Team mit Arbeitsteilung und Weiterbildungsmöglichkeiten ins Zentrum der Betrachtung. Nicht ärztliche Praxisassistenten (NäPa) und Versorgungsassistenten (Verah) könnten Ärzten mehr Freiraum für deren eigentliche Arbeit verschaffen, indem sie Patientenversorgung im engen Austausch mit dem Arzt teilweise übernehmen würden.

Es brauche aber auch Verwaltungsassistenz und die Prävention sehen die Studenten als gesamtgesellschaftliche Aufgabe, um die Gesundheit als etwas Selbstverständliches zu erfahren. Deshalb sollte so früh wie möglich damit begonnen werden.

"Utopie" in den Praxen vorstellen

In einem zweiten Rollenspiel präsentierten die Studenten dann eine Hausarztpraxis nach ihren Vorstellungen, die sich gänzlich von der ersten Szene unterschied. Auf Nachfrage von Hornbergs Bürgermeister Siegfried Scheffold, was jetzt mit den Ergebnissen passiere und wo sie einfließen würden, erklärten die Studenten: "Jeder bringt es dort ein, wo er kann. Von den vielen Ansätzen, die wir in dieser Woche gesehen haben können wir in den Praxen an dieser Utopie arbeiten, die es bisher ja noch nicht gegeben hat."

18 Medizin-Studenten aus ganz Deutschland haben sich im Rahmen der "Desam Summerscool" (Deutsche Stiftung für Allgemeinmedizin und Familienmedizin) mit der Frage auseinandergesetzt, wie die Arztpraxis der Zukunft aussehen soll. Unter der Leitung von Professorin Anne Barzel des Instituts für Allgemeinmedizin an der Universität Ulm erlebten die Studenten im "Gesunden Kinzigtal" Medizin hautnah. Dabei stelle sich immer die Frage nach den Gründen, warum die junge Generation nicht aufs Land wolle. Jetzt gebe es erstmals Antworten, die unter Mitwirkung von Nina Möllering und Janina Stunder in den Seminar-Räumen des "Gesunden Kinzigtals" erarbeitet wurden. Exkursionen in Arztpraxen und in die Gesundheitsabteilung der Duravit standen ebenfalls auf dem Programm.