Stadtwerke-Chef Eckardt-Huber (rechts) ist auf dem Weg, ganz Horb unter Strom zu setzen. Ein Projekt, was auch Bürgermeister Ralph Zimmermann gefällt. Foto: Lück

Das wird eine spannende Reise: Die Stadtwerke wollen bald ganz groß werden. Setzen sie bald ganz Horb unter Strom?

Horb - Eckardt Huber startete 1995 mit wenig. Keine eigenen Strom-Leitungen. Kein Gas-Netz. Kein Kraftwerk. Nur Fernwärme auf dem Hohenberg. Die lieferte damals rund 8000 Megawattstunden an die Abnehmer. Durch den Ausbau der Nahwärmenetze Oberer und Unterer Marktplatz, Weststadt, Hohenberg und der Übernahme der Heizzentrale Haugensteinsiedlung liegen die Stadtwerke jetzt bei 13.300 Megawattstunden Wärme. Wenn die neuen sechs Nahwärmenetze in den Ortsteilen ausgebaut sind, liegen die Stadtwerke bei rund 25.000 Megawattstunden Wärme im Jahr.

Die Nahwärme

Weil die Häuser in Neubaugebieten besonders gut gedämmt sind, lohnt sich hier kein Nahwärmenetz – begrenzt weiteres Wachstum. Aber: Die Stadt will jetzt auch aus Kleinholz Klimaschutz machen. Konkret: Nicht nur "Restholz" oder Kleinholz aus kommunalen Wäldern soll in die Nahwärme-Heizkraftwerke. Auch Grüngut aus Horber Gärten und von den Bauhof-Pflegemaßnahmen. Vorteil: Komplett nachhaltig planbare kommunale Wertschöpfung. Konstant kalkulierbarer Einkaufspreis. Absolut sichere Versorgung für die Kunden. Preisniveau: Ölpreis letztes Jahr, als der Stoff noch bezahlbar war – so Huber: "Das einzige Kostenrisiko – allgemeine Preissteigerungsraten auf dem Energiemarkt und wenn wir zu Spitzenlastzeiten mit fossilen Brennstoffen heizen müssen." Durch die Solarthermie-Anlage auf dem Dach der Nahwärme-Zentrale in der Kaserne wird das Zeitfenster für dieses Not-Zuheizen aber viel geringer. Klartext: Der Nahwärme-Preis bleibt auf Dauer kalkulierbarer.

Der Strom

Durch erneuerbare Energien öffnet sich das "Fenster der Gelegenheit" für die Stadtwerke. Zwar kann auch bei der Nahwärme Strom im Blockheizkraftwerk "nebenbei" erzeugt werden. Lohnt sich aber nicht immer. Hubers direkter Chef Ralph Zimmermann: "Wir werden auch nie direkt aus Holz nur Strom erzeugen."

Der Ausbau der "Erneuerbaren" wird gesetzlich aus Klimaschutzgründen zum Muss. Kosten für die Installation neuer Anlagen sind durch Zuschüsse und über garantierte Strompreise durch das EEG für 20 Jahre einfach kalkulierbar.

Warum erst jetzt?

Die Anforderungen haben sich geändert. Mit der durch die Bundesregierung beschlossenen Energiewende sind auch neue Aufgaben auf die Stadt zugekommen. Mit dem Verbot von Öl-Heizungen ab 2026 hat sich auch die Nachfrage geändert. Damit geht die Überlegung von Verwaltung und Gemeinderat einher, den Stadtwerken eine neue Ausrichtung zu geben. Nicht nur im Breitbandausbau, sondern im Energiesektor.

Die Aufgabe für Huber bis dahin: Erst mal Erfahrungen zu machen, um Vertrauen in Investitionsversprechen der Stadt durch konkrete Beispielprojekte zu gewinnen. Aus der Erfahrung mit Nahwärme-Ausbau, Kauf der Fernwärme Haugenstein sowie geringere Nachfrage wegen ehemaligem Ärger ums Preisblatt Hohenberg – aber auch mit dem Solarpark Reute und den bisher installierten Solardächern wissen die Stadtwerke inzwischen genau, wo die Wirtschaftlichkeits-Lücke zwischen den Industrieversprechen im Prospekt: "Das Auto verbraucht 5,5 Liter Diesel auf 100 Kilometer" und der Realität liegt.

Neues Personal für die große Aufgabe

Vor einem Jahr wurde ein Ingenieur eingestellt, der für die Installation der Solardächer zuständig ist. Durch die Erfahrungen trauen sich die Stadtwerke jetzt auch zu, Solarparks komplett selbst hinzustellen. Eckardt Huber: "Der Gemeinderat hat beschlossen, dass wir bis zu 50 Hektar Fläche für Freiflächenphotovoltaik nutzen wollen. Ich hoffe, dass es uns gelingt, einen Großteil dieser Flächen bis Ende des Jahres gesichert zu haben. Dann können wir es schaffen, durch eine geschickte Planung und eine gemeinsame Ausschreibung der Installation auf allen Flächen – um Kosten zu sparen – das innerhalb von vier Jahren umzusetzen." Die Konsequenz wäre: Plötzlich erzeugen die Stadtwerke statt bisher 7 Megawattstunden bis zu 52.500 Megawattstunden Strom zusätzlich im Jahr. Das würde den Umsatz der Stadtwerke von derzeit 9 Millionen Euro auf 11,7 Mio. Euro erhöhen, alleine durch die höhere Stromproduktion.

OB Rosenberger: "Damit hätten wir erreicht, 65 Prozent des Strombedarfs über das gesamte Stadtgebiet hinweg klimaneutral selbst zu decken."

Schlagen Stadtwerke bei den Netzen zu?

Die Konzession läuft 2026 aus. Zwar kann man Einnahmen anhand der bundesweit festgeschriebenen Durchleitungsentgelte (für Fremd-Stromkunden EnBW, Yello…) genau kalkulieren.

Aber: Was kostet es, wenn man bei einer Störung schnell wieder Spannung auf den Draht kriegen muss? Wie viel Mitarbeiter, wie viel Technik brauche ich da? Huber: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Horber Netz alleine wirtschaftlich zu stemmen ist." OB Peter Rosenberger: "Die Netze werden 2026 wieder ausgeschrieben. Möglicherweise ergibt sich die Möglichkeit, mit mehreren kommunalen Unternehmen die Netze in die eigene Hand zu bekommen."

Bauen Stadtwerke eigene Windparks?

Auch in Planung: Eigene Windräder. Geplant, projektiert und umgesetzt von den Stadtwerken und ihren Mitarbeitern. Und wenn diese Windräder bis zum Jahr 2030 oder später am Netz sind, dann hätte Horb sein 100-Prozent-Ziel Klimaneutralität beim Strom erreicht. 135 Megawattstunden im Jahr. Und der Gesamtumsatz läge nach heutiger Schätzung bei 16 bis 18 Millionen Euro.

16 Millionen Euro Umsatz – wer profitiert? OB Rosenberger: "Die Stadtwerke sind ein kommunales Unternehmen und gehören dem Steuerzahler. Die Gewinne werden sozialisiert."

Skeptiker der Energiewende befürchten, dass die Stromversorgung aus Solar und Windkraft unter Spitzenlasten allein nicht funktionieren wird. Ein hoher Umsatz, der mit einem hoffentlich deutlich höherem operativen Ergebnis (derzeit 70.000 Euro Gewinn im Jahr) einhergeht, bietet hier ganz neue Chancen.

Eine teure Geothermie-Anlage mit zwei Bohrlöchern von drei bis fünf Kilometern in die Tiefe, durch das Wasser gepresst wird, das die Stromturbine antreibt? Ein Energiespeicher für den Überschussstrom in Spitzenzeiten oder eine Power-To-Gas-Anlage? Wäre dann auch kein Problem mehr.

So könnten die Stadtwerke Horb irgendwann das erreichen, was OB Peter Rosenberger andeutet: "Die Städte brauchen Strom. Die Fläche für Erneuerbare gibt es nur auf dem Land." Konkret: Stimmt der Wachstumspfad, könnte Horb Strom nach Stuttgart verkaufen. Eine riesige Wachstumschance. Keine Last für den Mann, der die Energieversorgung in jahrelanger Kärrnerarbeit mühsam entwickelt hat? Eckhardt Huber: "Nein. Wer hat schon das Glück, solch eine Aufgabe zu bekommen?"

Das Wachstum der Stadtwerke

1987 Gründung der Stadtwerke Horb. Mit dabei: Wasserversorgung, Städtisches Heizwerk (1974 vom Siedlungswerk Stuttgart übernommen), Parkhaus Innenstadt (ehem. Kaiser genannt).

2001 Industriegleis

2005 Parkhaus Bahnhof

2009 Gründung Energieversorgung

2010-2011 Bau des Flusskraftwerkes (5,5 Millionen Euro Invest) durch Energie Horb GmbH

2012 Solarpark Reute gebaut (rund 4,5 Millionen Euro; ca. 3,4 Mio kWh/Jahr) mit Energie Horb. Einstieg in Energiebeschaffung und Energiehandel

2013 Nahwärmenetz Oberer/Unterer Marktplatz. (Invest ca. 650.000 Euro).

2014 Einstieg in Breitbandausbau

2015 Neue Energiezentrale im ehemaligen Kasernen Areal mit Holzvergaser

2017 Langzeitwärmespeicher (1,1 Millionen Euro Invest) Kaserne.

2017 Haugensteinsiedlung. Übernahme der PV-Anlagen, Nahwärme-Heizzentrale und Netz, Wasser- und Kanalleitungen.

2018 und 2019 Nahwärmenetz Horber Weststadt. Neue Heizzentrale, erste PV-Anlagen über Solardachinitiative. Invest: Netz und Heizzentrale 4,2 Millionen Euro

2020 und 2021 Sanierung Parkhaus Innenstadt (rund 3,1 Millionen Euro). Großflächenkollektoranlage (1,28 Millionen Euro) für die Nahwärmezentrale Kaserne

2022 Weiterer Aufbau von Nahwärmenetzen in sechs Stadtteilen