Steuern, Zuchtverbot, Tests für Bull-Terrier, Pitbull und Staffordshire-Terrier haben Wirkung: Die Zahl der als gefährlich eingestuften Tiere geht zurück.
"Es hat keine schweren Zwischenfälle gegeben", bilanziert Karl-Christian Knapp vom Amt für öffentliche Ordnung. Auch Marion Wünn, Leiterin des Stuttgarter Tierheims, weiß nichts Negatives zu berichten: "Wir bekommen immer wieder Tiere dieser Kategorie und vermitteln sie auch weiter, denn es sind ja tolle Hunde." Immer wieder hatten sogenannte Kampfhunde in der Vergangenheit für Schlagzeilen gesorgt. Am 11. August 1993 etwa hat in Vaihingen/Enz im Kreis Ludwigsburg der Pitbull-Terrier Bandit vier Kinder auf einem Spielplatz angegriffen. Er wurde daraufhin eingeschläfert.
Schärfer wurde die Gangart der Behörden gegen Kampfhunde allerdings nach dem Vorfall vom 26. Juni 2000. Damals bissen zwei Kampfhunde - ein Staffordshire-Terrier und ein Pitbull - in Hamburg einen sechsjährigen Jungen tot. Als "Kampfmaschinen" bezeichnete der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder die gefährlichen Hunde, und Bundespräsident Johannes Rau sagte, dass den Haltern dieser Tiere mit "der ganzen Schärfe des Gesetzes begegnet werden müsse".
Im Juli 2000 erregte in Stuttgart ein Hundebesitzer Aufsehen. Er ließ seine beiden Staffordshire-Terrier am Egelsee immer wieder frei herumlaufen. In Seenähe liegt auch der Dornbuschkindergarten. Als besorgte Eltern Alarm schlugen, wurde das Amt für öffentliche Ordnung aktiv.
Nachdem ein Tierarzt festgestellt hatte, dass die Tiere nicht aggressiv seien, durfte der Hundehalter seine Tiere behalten, allerdings mit der Auflage, sie an der Leine zu führen. Seit September 2000 gibt es in Stuttgart ein genaues Maß für die Leine, es beträgt exakt 1,50 Meter, Leinenzwang besteht in öffentlichen Anlagen, Fußgängerzonen, Unterführungen, an Haltestellen und auf dem Neckardamm. Keinen Zutritt haben Hunde auf Spielplätzen, Schulhöfen, Außenanlagen von Tageseinrichtungen für Kinder, Bolzplätzen, Sport und Freizeitanlagen.
Mitte August 2000 trat in Baden-Württemberg die "Polizeiverordnung über das Halten gefährlicher Hunde" in Kraft. Hunderassen, die als besonders gefährlich gelten, müssen seither gemeldet werden. Zudem müssen sie an der Leine geführt werden, einen Maulkorb tragen und eine Wesensprüfung durch den Tierarzt über sich ergehen lassen. Was die Gemüter der Besitzer von Kampfhunden jedoch erregt, ist die höhere Steuer für ihre Vierbeiner.
Wie schwierig es ist, Wesensmerkmale von Lebewesen in Rechtsvorschriften einzupassen, dokumentiert ein Fall aus dem Jahr 2003. Damals ging es um den Shar Pei, der als Chinesischer Kampfhund bezeichnet wird. Laut Polizeiverordnung war er ein Hund wie jeder andere, doch die Stadt besteuerte ihn als Kampfhund - zu Unrecht, wie das Stuttgarter Verwaltungsgericht entschied. Ein Gutachten aus dem Jahr 2000 hatte nämlich den gutmütigen Charakter des Shar Pei attestiert. Nach dem Urteil musste die Stadt den Vierbeiner mit dem faltigen Gesicht steuerlich niedriger einstufen.
Wie ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim vom Juli 2004 zeigt, gelten ansonsten alle Maßnahmen gegen Kampfhunde auch für Mischlinge, wenn ein Elternteil ein Kampfhund ist. Die Besitzerin einer Mischlingshündin hatte geklagt, weil sie für ihr Tier den deutlich höheren Kampfhundesteuersatz bezahlen sollte. Mit dem Urteil erlaubte das Gericht der Stadt, "das genetische Potenzial" des Hundes zur Grundlage der Steuer zu erheben, nicht aber die "individuelle Gefährlichkeit". Die höhere Steuer sei auch mit dem Ziel von Kommunen, Kampfhunde auf ihrem Gebiet zurückzudrängen, zu rechtfertigen.