Idyllisch sieht es aus im Bereich der Belchenstraße 56 bis 70. Hinter der Lärmschutzwand pulsiert der städtische Verkehr. Foto: Pfannes

Für den geplanten Rewe-Neubau mit Huckepack-Kindergarten wird der nächste Verfahrensschritt eingeläutet. Bei einer Gegenstimme gab der Gemeinderat grünes Licht für die Offenlage des Bebauungsplans – nach ausgiebiger Diskussion bei voll besetzten Zuhörerplätzen.

Rottweil - Als es in der Stadthalle am Mittwochabend hinter verschlossenen Türen für die Stadträte nichtöffentlich weiter ging, versiegte auch vor den Toren der Halle die Diskussion noch nicht. Anwohner der Charlottenhöhe, die wegen der Rewe- und Kindergartenpläne alarmiert sind, hatten das eine oder andere aus der mehrstündigen Sitzung zu verdauen.

Ein Bebauungsplanverfahren hat seine speziellen Gesetzmäßigkeiten und Abläufe, die einer Verwaltung in Fleisch und Blut übergegangen sind, bei jemandem, der zum ersten Mal damit konfrontiert ist, aber für Ratlosigkeit und Missverständnisse sorgen. Die Stadtverwaltung zeigte sich in der Sitzung bemüht, darauf zu reagieren. Sandra Graf, Abteilungsleiterin Stadtplanung, erläuterte die Verfahrensschritte, gab Hinweise zu den möglichen Reaktionen darauf und bot zudem an, bei Fragen auch während der Offenlage immer gerne zur Verfügung zu stehen.

Das zeigte Wirkung. Eine Handvoll Anwohner der Belchenstraße stimmte sich direkt nach der Sitzung über ihre nächsten Schritte ab. Eindruck hinterlassen hatten indes auch verschiedene Äußerungen aus der Beratung des Gremiums – vor allem von Oberbürgermeister Ralf Broß und FDP-Stadtrat Michael Gerlich.

Bug-Rufe im Gemeinderat unerwünscht

Als Ulrike Stauss (FWV) die Gründe für ihre grundsätzliche Ablehnung des Projekts dargelegt hatte und Zuhörer darauf mit Applaus reagierten, wies Broß auf die Gepflogenheiten in Gemeinderatssitzungen hin. Es gehe um eine sachlich Diskussion, rein vorsorglich wolle er deshalb klarstellen: Buh-Rufe solle man sich verkneifen.

Nach der Sitzung kommentierten die Bürger das mit einer Portion Sarkasmus. In der Sitzung allerdings hatten sie sich daran gehalten – auch wenn ihnen das bei den Ausführungen von Gerlich schwer gefallen war. Der hatte von einem Aufeinandertreffen mit den Anwohner berichtet, als er sich am Wochenende vor Ort ein Bild von der Situation mit Schallschutzwand und Fußweg machen wollte. Die "tollsten Argumente" seien da vorgebracht worden, quasi geradezu an den Haaren herbei gezogen. Dass um drei Dezibel gestritten werde, was dem Lärm von Schneefall entspreche, ist für ihn nicht nachvollziehbar. "Von den Bürgern darf Toleranz erwartet werden", regte er sich auf, dass hier "mit aller Gewalt Gegenwind inszeniert" werde.

Andere Stadträte fanden da diplomatischere Formulierungen, wie etwa Jürgen Mehl (SPD) mit seinen Ausführungen zum Abwägen von Interessen Einzelner gegenüber denen der restlichen Stadt: "Wir sind im Gemeinderat, nicht im Rat einer Straße."

Gefahr für spielende Kinder?

Gleich in der Bürgerfragestunde zu Beginn der Sitzung hatten viele Anwohner ihre Sorgen geäußert und nachgehakt: Für wen solle der Durchgang denn nun sein? Für die Kindergartenkinder – dann gebe es einen Widerspruch zur Sitzungsvorlage – oder handle es sich doch um eine "Zwangsanbindung" an den neuen Supermarkt, wollte Thomas Ducks wissen. Broß sprach von einer generell verbesserten fußläufigen Verbindungen, die nicht speziell den Rewe-Kunden, sondern allen zur Verfügung stehe.

Weitere Anwohner, darunter auch junge Familien, sehen die spielenden Kinder, die in der jetzigen Stichstraße spielen, in Gefahr. Der Weg werde womöglich mit motorisierten Zweirädern als Abkürzung genutzt. Auch eine hohe Müllbelastung wird befüchtet. Wer dafür zuständig sei? Wenn der Müll auf der Straße liege die Stadt, in den Gärten leider die Bewohner, so Broß. Dies sei generell – auch in anderen Teilen der Stadt – nicht zu vermeiden. Und nein, so Broß auf eine darauf abzielende Frage, ein Verkehrsgutachten gebe es nicht.

Macht Schnecke einen Strich durch die Rechnung?

Geklärt ist in der Zwischenzeit das Parken für die Mitarbeiter des Kindergartens. In der Diskussion der Stadträte spielte so vor allem eine Rolle, ob der Weg und der Durchbruch zur Belchenstraße wirklich notwendig sind. Die Meinungen im Rat gehen da im Moment auseinander. Die Entscheidung steht frühestens nach der Offenlage und der vollständigen Abwägung an, wie Ralf Broß nochmals erinnerte. Auch die bisherigen Schreiben der Anwohner und ein Antrag der SPD+FFR-Fraktion fließen in die Unterlagen für das Verfahren ein.

Einer der Hoffnungsträger für die Kritiker des Projekts: die Weinbergschnecke. Ulrich Mayer hat die bedrohte Art im Gebiet ausgemacht. Bislang war im Artenschutzgutachten von diesen Tierchen nicht die Rede.