Das Breuninger-Stammhaus in Stuttgart Foto: Leif Piechowski

Vor seinem Tod 1980 hat der einstige Firmenchef Heinz Breuninger die Kaufhauskette so aufgestellt, dass sie sich niemand unter den Nagel reißen kann. Der Plan ist nicht aufgegangen. Nun nimmt der Streit um die Anteile nach Informationen der Stuttgarter Nachrichten eine überraschende Wendung.

Stuttgart - Helga Breuninger fühlt sich verraten. Den Streit um die Anteile an dem Vermächtnis ihres Vaters, dem einstigen Chef der Stuttgarter Kaufhauskette Breuninger, habe sie mit „Irritation und Unverständnis“ verfolgt, sagt sie unserer Zeitung.

Im Frühjahr hat das Stuttgarter Landgericht entschieden (AZ 22 O 582/11), dass Wolfgang Blumers, ehemaliger Stiftungsvorstand bei Breuninger, zehn Prozent am Unternehmen zustehen. Die Mehrheitseigentümer – der Jurist Wienand Meilicke und der langjährige Kaufhauschef Willem van Agtmael – sind deswegen in Berufung gegangen. Doch nun hat sich auch noch Helga Breuninger in den Streit eingeschaltet. Sie sagt, wenn dieser Anteil in Höhe von zehn Prozent irgendjemandem zusteht, dann ihrer Breuninger-Stiftung.

Der Hintergrund, warum die Besitzverhältnisse bei der Kaufhauskette infrage stehen, ist ein Streit, der bereits 2004 begonnen hat. Damals saßen Wienand Meilicke, Testamentsvollstrecker von Heinz Breuninger, Willem van Agtmael, Wolfgang Blumers und zwei weitere Männer im Vorstand einer Stiftung, in welcher 80 Prozent der Anteile am Kaufhausunternehmen lagen. Die verbleibenden 20 Prozent halten die Familien Bretschneider/Seidel. Die Stiftung ist nach dem einstigen Firmenchef Heinz Breuninger benannt. Dieser hatte die Stiftungskonstruktion gewählt, damit nach seinem Tod kein Streit um das Vermächtnis entbrennt.

2004 aber lösten die fünf Stiftungsvorstände die Konstruktion auf. Offenbar auf Drängen von Helga Breuninger, Alleinerbin von Heinz Breuninger, hin. Diese war bereits zu diesem Zeitpunkt Leiterin einer weiteren Institution unterhalb der Heinz-Breuninger- Stiftung: der gemeinnützigen Breuninger- Stiftung, die Bildungsprojekte und bürgerschaftliches Engagement unterstützt. Helga Breuninger wollte mit ihren gemeinnützigen Projekten wirtschaftlich unabhängig vom Kaufhausgeschäft werden.

Durch die Auflösung der Heinz-Breuninger-Stiftung fiel der 80-Prozent-Anteil an der Kaufhauskette der Alleinerbin zu. Diese verkaufte je 40 Prozent an Meilicke und van Agtmael. Diese und die restlichen drei Stiftungsvorstände formulierten damals den Wunsch, dass bis 2011 auch die verbleibenden drei Vorstände am Unternehmen beteiligt werden sollen. 2011 aber kam es zu einem Streit über die Konditionen der Beteiligung, eine Übertragung fand nicht statt und Blumers reichte Klage beim Landgericht ein. Im Frühjahr entschied das Gericht, dass Blumers ein Zehn-Prozent-Anteil an der Kaufhauskette zusteht.

Hier kommt Helga Breuninger ins Spiel. Sie sagt nun, dass sie dem Verkauf 2004 unter der Prämisse zugestimmt hat, dass Meilicke und van Agtmael die Erwerber des 80-Prozent-Anteils sind. „Ich kann nicht glauben, dass ein ehemaliger Stiftungsvorstand für eine Amtstätigkeit jetzt die Hand aufhält“, sagt sie. „Wolfgang Blumers war der Heinz-Breuninger-Stiftung verpflichtet. Eine Stiftung ist doch kein Selbstbedienungsladen“, so Helga Breuninger. Darum müsste der infrage stehende Zehn-Prozent-Anteil allenfalls ihr zufallen: „Wenn es die von Herrn Blumers behauptete Absprache gab, steht das, was ihm angeblich versprochen wurde, nicht ihm, sondern der Heinz-Breuninger-Stiftung und nach deren Auflösung mir zu. Alles andere wäre ungerecht.“

Norbert Knüppel, Anwalt von Helga Breuninger, stützt sich dabei auf einen Paragrafen, wonach ein Beauftragter alles herausgeben muss, was er im Zusammenhang mit dem Auftrag bekommen hat.

Als Stiftungsvorstand handelte Blumers im Auftrag der Heinz-Breuninger-Stiftung, so die Argumentation. Da diese nicht mehr existiert, hat Helga Breuninger eine sogenannte Nachtragsliquidation beantragt. Im Zuge dessen wurde festgestellt, dass alle Vermögenswerte, die der Heinz-Breuninger-Stiftung noch zustehen, der Alleinerbin Helga Breuninger zufließen müssen. „Ich werde die daraus gegebenenfalls fließenden Mittel natürlich in die Stiftungsarbeit einbringen, dort sind sie sinnvoll und nur dort gehören sie hin“, so Helga Breuninger.

Von dem Zug profitieren auch die bisherigen Mehrheitseigentümer. Denn nach dem Urteil im Frühjahr stand die Frage im Raum, ob die verbleibenden beiden Stiftungsvorstände Benno Stratmann und Theo Henselijn inspiriert von Blumers Rechtsstreit nun auch noch gerichtlich Ansprüche gegen van Agtmael und Meilicke geltend machen könnten.

Am 11. Juni aber hat Helga Breuninger die Stiftungsvorstände per Brief aufgefordert, etwaige Ansprüche abzutreten. Dieser Aufforderung sind Stratmann und Henselijn offenbar nachgekommen. Nicht aber Wolfgang Blumers, darum hat Helga Breuninger am 30. Juni am Stuttgarter Landgericht Klage gegen Blumers eingereicht.

Alexander Burger, Anwalt von Wolfgang Blumers aus der Kanzlei Binz & Partner, sieht der Klage gelassen entgegen. „Die Klage von Helga Breuninger halten wir nicht für schlüssig, in jedem Fall aber für unbegründet“, sagt Burger unserer Zeitung. „Das haben wir mit unserer Klageerwiderung dargelegt und unter Beweis gestellt. Schon deshalb sind unser Mandant und wir nicht beunruhigt.“